[English version below]
Noch im August schrieb ich über den zweiten Band von „Blade Runner Origins“ sinngemäß, dass es vor allem die Zwischentöne seien, die mehr Wirkung erzielten als die Knalleffekte in Form stilvoller Actionsequenzen. Nun, an Actionsequenzen mangelt es dem Finale von „Blade Runner Origins“, von Panini mit dem Untertitel „Feuer“ versehen, gewiss nicht. Und ja, es gibt auch einige leise Zwischentöne, die vielleicht bei Euch in Erinnerung bleiben. Die Frage, der wir hier und heute nachgehen wollen, ist: Endet dieses Prequel in Comicform so erinnerungswürdig, wie es der Auftakt Anfang dieses Jahres vermuten ließ?
Cal Moreaux ist Polizist des Los Angeles Police Departments, das Jahr ist 2009. Bis ein gewisser Rick Deckard, eigener Aussage nach Ex-Bulle und Ex-Blade Runner durch die Straßenschluchten der Großstadt zieht, um vor allem weiblichen Replikanten in den Rücken zu schießen, vergeht also noch ein Jahrzehnt. Dennoch ist die Tyrell Corporation dick im Geschäft mit ebendiesen Replikanten. Künstlich geschaffene Menschen, die jene Arbeit verrichten sollen, für die sich mensch irgendwann zu schade wurde. Da passt der vermeintliche Selbstmord einer führenden Wissenschaftlerin nicht so gut ins Konzept, noch dazu, wenn man hinter den Kulissen schon an ersten Entwürfen für die berüchtigte Baureihe Nexus 6 friemelt.
Wie sich herausstellte, war das alles gar kein Selbstmord, sondern nur eine fingierte Maßnahme jener Person, um als Replikantin ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Eine Erwachte, wie die Replikanten in jener Zeit genannt werden, die sich ihrer selbst und ihres Schicksals nur allzu bewusst geworden sind. Und dann ist da ja auch noch Cals Schwester, deren Seele und Bewusstsein auf den Körper einer Replikantin übertragen wurde. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, ist immer noch Ilora Stahl unterwegs, jene Konzernfrau, die ganz eifrig damit beschäftigt ist, den ganzen Bezirk abzufackeln, in dem die Gemeinschaft der Erwachten lebt. Es kommt zum großen Showdown, an dessen Ende nicht weniger steht als die Errichtung einer besonderen Polizeieinheit, die wir nur zu gut kennen …
Sagen wir mal so: Dass das große Finale der Ursprungsgeschichte des ersten Blade Runners mit Pauken und Trompeten daherkommen würde, war abzusehen. Und auch, wenn es teilweise ziemlich drunter und drüber geht in diesem dritten Band – und zwar in einem Maße, dass es beinahe schon unübersichtlich wird – so blendet die Erzählung um Cal Moreaux doch auf einem ruhigen und gleichzeitig zufriedenstellendem Pegel aus. Meines Erachtens ist es den Autor*innen Mellow Brown und K. Perkins ziemlich gut gelungen, eine Geschichte zu schaffen, welche die Gründung der Blade-Runner-Einheit erzählt und der Blade-Runner-Lore ein paar sehr interessante Facetten hinzufügt. Auch hätte ich mit der Entscheidung, die manche Figur hier getroffen hat (aus Spoiler-Gründen nenne ich keine weiteren Details), nicht gerechnet. So kommt zu dem Adjektiv „gut“ auch noch „überraschend“ hinzu.
Fernando Dagnino liefert einmal mehr passende und gelungene Bilder, die so manches Mal vor allem durch die clevere Wahl der Perspektive gefallen. Dagnino hat definitiv das richtige Gespür für die Thematik; wieder einmal hatte ich mehr als nur einmal den Soundtrack von Vangelis vor Ohren, als ich mit den Blicken auf den Panels hängengeblieben bin. Was bleibt also final festzuhalten? Ich möchte behaupten wollen, dass „Blade Runner Origins“ für Fans eine Pflichtanschaffung ist. Nicht nur, weil es in Summe eine tolle Comiclektüre geworden ist, sondern weil sie viele Fragen beantwortet, die vielleicht vor allem durch den Film aus dem Jahr 1982 aufgeworfen, aber bisher nicht beantwortet wurden. So zum Beispiel: Wie war das mit den vorherigen Nexus-Modellen? Wie und wann entdeckten die Replikanten ihr Bedürfnis, selbstbestimmt leben zu wollen? Wie, wann und warum wurden die Blade Runner in den Dienst gestellt? Was hat es eigentlich wirklich mit diesem Voight-Kampff-Test auf sich? Wer darauf eine Antwort haben möchte, kommt an „Blade Runner Origins“ nicht vorbei und somit auch nicht am anschließenden Band dieser Reihe.
Back in August, I wrote about the second volume of "Blade Runner Origins," noting that it was the subtleties that had a greater impact than the explosive, stylish action sequences. Well, the finale of "Blade Runner Origins," subtitled "Fire" by Panini, certainly doesn't lack action sequences. And yes, there are also a few quieter moments that might stay with you. The question we want to explore here today is: Does this comic prequel conclude as memorably as its opening at the beginning of this year suggested?
Cal Moreaux is a police officer with the Los Angeles Police Department, and the year is 2009. A decade will pass before a certain Rick Deckard, who claims to be an ex-cop and ex-Blade Runner, roams the urban canyons, shooting female replicants in the back. Nevertheless, the Tyrell Corporation is already deeply involved in the replicant business—artificially created humans designed to perform the tasks that regular humans have deemed beneath them. The alleged suicide of a leading scientist doesn't quite fit into this picture, especially when behind the scenes, the first designs for the infamous Nexus 6 series are already being developed.
As it turned out, this wasn't a suicide at all but a staged event orchestrated by the scientist herself in order to live a self-determined life as a replicant. She is one of the Awakened—replicants who have become fully aware of themselves and their fate. And then there's Cal's sister, whose soul and consciousness have been transferred into the body of a replicant. To top it all off, Ilora Stahl is still on the move, that ruthless corporate enforcer who is hell-bent on burning down the entire district where the Awakened community resides. This all leads to a grand showdown, at the end of which stands nothing less than the establishment of a special police unit that we are all too familiar with …
Let’s put it this way: It was foreseeable that the grand finale of the origin story of the first Blade Runner would arrive with a bang. And while things in this third volume sometimes spiral into outright chaos—to the point of becoming nearly overwhelming—the narrative surrounding Cal Moreaux fades out on a calm yet satisfying note. In my opinion, writers Mellow Brown and K. Perkins have done a great job crafting a story that chronicles the founding of the Blade Runner unit while adding some fascinating new facets to the Blade Runner lore. I also didn’t expect some of the decisions made by certain characters (no spoilers here), which adds an element of surprise to an already solid narrative.
Fernando Dagnino once again delivers fitting and well-executed visuals, with his clever choice of perspectives making a strong impact. Dagnino undoubtedly has the right feel for the subject matter; more than once, I found myself hearing Vangelis' soundtrack in my head as I lingered over the panels. So, what’s the final verdict? I’d say "Blade Runner Origins" is a must-have for fans. Not only because it’s an excellent comic in its own right but also because it answers many questions that may have been raised—particularly by the 1982 film—but never fully addressed until now. Questions such as: What about the previous Nexus models? How and when did replicants develop the desire to live autonomously? How, when, and why were the Blade Runners introduced? And what’s the real deal with the Voight-Kampff test? If you want answers to these, "Blade Runner Origins" is essential reading—along with the next volume in the series.
Roman Empire