[English version below]
Der erste Band der aktuellen Solo-Serie von Marvels wahrscheinlich grausamster Schöpfung, Carnage, hinterließ im August 2024 einen ziemlich guten Eindruck. Das war auch dringend nötig, denn weder diverse Venom-Abenteuer noch das große, bisherige Finale „Der Tod des Venomverse“ waren Glanzlichter in der Historie der roten bzw. schwarzen Symbionten. Da passte es gut, dass Cletus Kasady wieder als das zynische, blutrünstige Monster ohne auch nur einen winzigen Funken von Anstand und Gewissen porträtiert wurde. Mit dem zweiten Band, um den es mir nun nachfolgend gehen soll, stellt sich selbstredend die Frage: Bleibt das so bitterböse, der Gesellschaft den Spiegel vorhaltend? Oder fällt das Niveau wieder ab auf die übliche Monster-Klopperei? Die Antwort kann eigentlich schon direkt vorab gegeben werden: Beides trifft zu.
Carnage hat zu Beginn dieses Bandes sooo Bock darauf, Eddie Brock ein für alle Mal die Lichter auszupusten. Oder den Kopp abzubeißen und das Hirn zu fressen, ihn in tausend Teile zu zerfetzen oder was auch immer sonst so gerade durch dessen krankes Hirn spukt. Aber bis auf die Tatsache, Eddies Sohn und den aktuellen Wirt des Venom-Symbionten um die Ecke gebracht zu haben, kommt er seinem Ziel nicht wirklich näher, egal wie sehr er sich müht. Dafür gibt es dann irgendwann jede Menge Klassenkeile in der Welt des Königs in Schwarz. Ich könnte schwören, eine ähnliche Situation hätten wir mehr oder weniger gerade eben erst erlebt.
Im weiteren Verlauf des Comics folgt dann aber wieder vermehrt Bühnenzeit für Cletus Kasady, der sich durch die Zivilbevölkerung mordet. Auf der Abschussliste unter anderem: Die Social-Media-Heinis und Influencer-Wannabes, die schon im ersten Band sehr an jene Witzfiguren erinnerten, die Meinungen und gefühltes Wissen in der echten Welt via Youtube oder Telegram eintüten, für tatsächliche Fakten aber nicht mehr empfänglich sind. Es kommt natürlich auch hier zu jeder Menge Blutvergießen, in dessen Zentrum nicht nur Cletus/Carnage stehen, sondern beispielsweise auch der Anti-Venom Flash Thompson. Und es wird deutlich: auch hier wird wieder derart am Rad gedreht, dass das nächste große (Story-)Ding schon vor der Türe steht. Und richtig, der „Venom War“, das nächste Event nach „Blood Hunt“, ist im Anmarsch. Apropos „Blood Hunt“: (Blut-)Spuren dieses Großereignisses finden sich auch in der Welt von Carnage, daher dürfen die untoten Blutsauger auch hier eine Rolle spielen …
So dramatisch und zum Fingernägel kauen verleitend spannend wie der erste Band, war der zweite leider nicht. Nachdem das nun gesagt wurde: Eine Zeitverschwendung oder gar ein Totalausfall war dieser Comic mit dem Untertitel „Monster gegen Monster“ allerdings auch nicht. Die Klassenkeile in der Welt des Königs in Schwarz hätte ich nicht gebraucht, allerdings muss ich auch zugeben, dass ich die ganze Reihe um Eddie, Eddie und/oder Eddie auch nicht bräuchte. Das ist mir persönlich alles ein bisschen zu sehr drüber und ich hoffe, der kommende „Venom War“ wird nicht auch so ein hirnloser Exzess wie „Der Tod des Venomverse“. So ganz kann ich meine Skepsis allerdings nicht leugnen. Die Momente aber, in denen Cletus/Carnage wie die Inkarnation des absolut Bösen auf Erden wandelt und sich durch die Zivilbevölkerung mordet, verfügen umgekehrt über gewisses Faszinationspotential. Die Verantwortlichen hatten offenbar große Freude daran, ihrer Lust an einer sehr abgründigen Figur freien Lauf zu lassen.
Optisch geht das alles in Ordnung, was hier so geboten wird. Zwar haben hier diverse Köche den Brei angerührt, ist aber sehenswert, weil der jeweiligen Szene die notwendige Dramatik/Dynamik/Action angedeihen lassen haben alle beteiligten Kunstschaffenden. Ein weiterer Band ist noch nicht angekündigt, gleichwohl ist die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt. Bleibt also abzuwarten, ob es in „Venom War“, im finalen Band von „Venom: Erbe des Königs“ oder gar einem dritten Band von „Carnage“ passiert. Ein bisschen hoffe ich auf letzteres, tippe allerdings auf Option 1 oder 2.
The first volume of the current Carnage solo series, released in August 2024, left quite a strong impression. And that was sorely needed – neither the various Venom adventures nor the so-called grand finale Death of the Venomverse had been anything to write home about. So it was a welcome return to form to see Cletus Kasady portrayed once again as the cynical, bloodthirsty monster he is – devoid of remorse, empathy, or even a shred of humanity. Naturally, the question for Volume 2 is: can it maintain that same level of unhinged brilliance, still holding up a mirror to our deranged society? Or are we back to mindless monster-punching? The answer: a bit of both.
We start off with Carnage obsessively fixated on finally taking Eddie Brock out. Whether that means biting off his head, ripping him apart, or devouring his brain depends on the day – Cletus is nothing if not creative. Despite his efforts and a mounting body count (including Eddie’s son and current Venom host), Carnage doesn’t quite get where he wants. Instead, we’re treated to a detour into the dimension of the King in Black for a symbiote smackdown. And yes – it all feels eerily familiar.
Fortunately, the second half of the comic grants more stage time to Kasady himself, as he rampages through the civilian world. Back on the hit list: social media clowns and influencer-wannabes – the same kinds of people mocked in the first volume, who spew their made-up truths and YouTube University wisdom while treating actual facts like a vampire treats garlic. It gets bloody, of course, and Flash Thompson’s Anti-Venom joins the fray. And wouldn't you know it – there are hints that the next big Marvel symbiote event is creeping closer: Venom War looms on the horizon. Speaking of events, there are even some blood-stained fingerprints from Blood Hunt smeared into the background here – because of course, vampires get their moment too.
Is this second volume as dramatically sharp or nail-bitingly tense as the first? No. Let’s get that out of the way. But a total waste of time? Also no. The interdimensional beatdown in the King in Black realm didn’t do much for me – truth be told, neither does the ongoing Eddie-on-Eddie saga. It's all a bit much, and I can't help but fear that Venom War will spiral into the same kind of empty chaos we got from Death of the Venomverse. Still, the moments where Cletus/Carnage is depicted as a walking embodiment of pure evil – casually tearing through the public like a demon with nothing left to lose – have an undeniable pull. It’s clear the creative team took real pleasure in leaning into the darker, more twisted parts of this character.
Visually? No complaints. While a number of different artists contributed here, the final product is coherent and effective. Each scene has the punch and presence it needs, whether that means full-blown chaos or ominous buildup.
No third volume has been officially announced, but the story clearly isn’t done. Whether that final showdown happens in Venom War, in the last volume of Venom: King in Black’s Legacy, or a third Carnage entry – we’ll have to wait and see. I’m hoping for the latter. But realistically? I’m betting on one of the other two.