[English version below]
Besonders viele Erinnerungen an den Januar 2023 habe ich mittlerweile nicht mehr. In diesen – vorsichtig formuliert – turbulenten Zeiten ist es nicht sonderlich schwer, den Überblick zu verlieren. An eines erinnere ich mich aber noch sehr genau: In besagtem Januar ist ein Album auf meinem musikalischen Radar aufgetaucht (und mit ihm auch das dahinterstehende Duo), das mich nachhaltig beeindruckt und begeistert hat. Und dies bis zum heutigen Tage tut. Vielleicht war ich in diesen kalten Januartagen auch ein bisschen schockverliebt in „State of Limbo“, dem bis dahin zweiten Album des Münchener Duos UMME BLOCK. Hinter der Band, deren Name klingt wie irgendwas, dass Icke & Er seinerzeit hätten fabriziert haben können, stecken die beiden Damen Klara Rebers und Leoni Klinger.
Doch was war es denn, was derartige Verzückung auslöste? Nun, es war die unwiderstehliche Mischung aus hervorragend komponierten, arrangierten und mit höchster Liebe zum Detail geschaffene elektronische Klangteppiche, die förmlich dazu einluden, sich darauf fallen zu lassen. Dazu kamen clevere Texte, mitunter dem aktuellen Zeitgeschehen verhaftet und natürlich der wunderbare Gesang. Einmal „State of Limbo“ gekostet ist es ziemlich schwierig, da wieder herunterzukommen. Zumindest für eine Weile. Und nun kommen UMME BLOCK mit dem dritten Album ummen Block, das den gut zu merkenden Namen „NÄCHTE“ trägt. Der Titel ist auf Deutsch, so wie auch diverse Texte bzw. Textpassagen auf Deutsch vorgetragen werden. Alles anders also bei UMME BLOCK? Mitnichten. Evolution statt Revolution, möchte ich sagen. Warum das eine gute Sache ist, das möchte ich nachfolgend mit Euch mal durchgehen.
Der rote Faden dieses Albums ist dem Titel untergeordnet. Nächte. Oh und was ließen sich für Texte schreiben über diese Zeit, welche die Tage voneinander trennt und die mitnichten nur dem Schlafe dient. Ich gehe jede Wette ein: Würde man Euch fragen nach besonderen Ereignissen in Eurem Leben, die ein oder andere Nacht wäre gewiss dabei. Sei es, weil Ihr einen unvergesslichen Abend verbracht habt, irgendwo feiernd, mit stabilen Menschen um Euch herum. Oder vielleicht auch, weil Ihr über das Leben, das Universum und den ganzen Rest sinnierend im Hamburger Hafen gesessen habt, funkelnde Positionslichter großer und kleiner Schiffe beobachtend. Vielleicht hattet Ihr den Sex Eures Lebens, vielleicht haben Euch Selbstzweifel getroffen wie ein Vorschlaghammer, mit der Konsequenz, dass Ihr allein durch die Straßen gezogen seit, Fuß-Pils vom Späti in der Hand. So viele Dinge können passieren zwischen den letzten und ersten Sonnenstrahlen des Tages. Und weil sie das können, tun sie das auch. Und all diesen Gedanken und Gefühlen, die mit der Nacht assoziiert werden können, verknüpfen UMME BLOCK ihr neues Album.
Wie schon zuvor ausgeführt, ist ein nicht unerheblicher Teil der Texte dieses Albums in deutscher Sprache vorgetragen. Das wirkt zunächst ungewohnt, führt aber dazu, dass die Texte, die Geschichten, die das Duo hier vorträgt, noch sehr viel mittelbarer, nahbarer wirken. Über die Ohren ohne Umwege direkt ins Herz, quasi. Zwischen dem eröffnenden „NACHTBRUCH“, über das die Musikerinnen sagen: „Wir möchten den Zuhörer*innen eine Orientierung mit auf den Weg geben: Hab Vertrauen in dich selbst. Auch in den schwierigsten, dunklen Momenten, existiert Licht“ und dem finalen, instrumentalen „FRÜHLICHT“ liegen 30 wunderbare Minuten, die in Worten nur schwer zu erfassen sind. Zu schön, zu gut, zu unbeschreiblich ist eigentlich das, was da in die Gehörgänge schwebt.
Dabei sind die Zutaten grundsätzlich wie zuvor: Elektronische Musik, die keine Grenzen kennt. So wie sich UMME BLOCK nicht scheuen, lyrisch Sprachen zu vermischen – teilweise ertönt Englisch und Deutsch im gleichen Lied – so haben sie auch keine Hemmungen, verschiedenste Spielarten elektronischer Musik in ihre Musik einzuflechten. „RAGE“ beispielsweise ist sehr technoid, gleichwohl aber auch melodisch. Ein Banger für die Tanzflächen, wenn Ihr mich fragt. Oder für die Momente, wenn einem alles zum Hals heraushängt und man lauthals „Scheiße!“ brüllen möchte. Dabei verkommt die Nummer aber nicht zu einer Krawallnummer. Wenn das Gestampfe ein Gewitter ist, dann sind die ruhigen Passagen die Momente, in denen der Himmel aufreißt und sich das Sternenlicht durch die Wolken schiebt.
„BREATHE“ würde vermutlich all jene glücklich machen, die sich für FuturePop begeistern können. „NÄCHTE“ flirtete hingegen sehr Drum & Bass. Flirten ist hier überhaupt das Wort der Stunde, ist es doch die vermutlich schönste Hymne dieses Jahres auf das Leben, aufs Verliebtsein, auf jene dieser magischen Nächte, in denen alles möglich scheint und nur noch der Himmel die Grenze ist.
Den Kontrast dazu bildet „LEISE“, in dem die Damen die Vergänglichkeit aller Dinge thematisieren. Auch die schönste, tollste und aufregendste Nacht ist irgendwann zu Ende. Am Ende einer besonderen Nacht gehen die Lichter wieder an, alles, was zunächst so laut erschien, wird wieder leise. Manchmal tut es das aber auch nicht und es bleibt leise. Für immer.
Es gibt Musik, die hörste und die berührt dich einfach null. Weil das seelenloser Müll ist, nur der schnellen Mark wegen in die Welt gerotzt. Oder, noch schlimmer, via Prompts von einer KI wie Suno AI erschaffen. Und dann gibt es Musik wie die von UMME BLOCK, bei der das investierte Herzblut nicht nur hörbar ist. Sondern auch spürbar. Wo man es einfach fühlt, dass jede Note, jeder Ton, jedes Instrument, jedes Detail, jedes geschriebene Wort und jede gesungene Strophe on point ist. Und zwar exakt. Nichts ist zu viel, nichts zu wenig. Etwas, was man über elektronische Musik gewiss nicht alle Tage behaupten kann. Und auch, wenn es erstaunlich ist, was KI heutzutage musikalisch zu schaffen vermag – die KI von Suno, um beim Beispiel zu bleiben, fabriziert komplette Songs inklusive Text, Gesang und Cover-Artwork – ein paar Dinge wird keine KI der Welt jemals investieren: Leidenschaft. Und Hingabe. Und die intrinsische Motivation, etwas für die Welt zu schaffen bzw. mit ihr zu teilen, weil da einfach etwas in einem drin ist, das rausmuss. Und von alledem gibt es auf „NÄCHTE“ so viel, dass man vor Begeisterung (und vielleicht auch Rührung) das Album direkt noch einmal startet, wenn der letzte Ton verklungen ist. Und dann noch einmal.
Gerade denke ich darüber nach, dass wir uns vielleicht auf eine Maßeinheit einigen sollten, die immer dann zum Einsatz kommt, wenn wir ein Album gehört haben. Ach was, nicht nur gehört – genossen, aufgesogen, förmlich darin gebadet. Irgendwas, das dieses eigentlich unbeschreibliche und sehr behagliche Gefühl umschreibt, wenn man gerade Musik von besonderer Güte genossen hat. Wollen wir uns auf die Einheit Glück einigen? Und die kleinste zu vergebende Portionsgröße wäre 1 Glück? Ja, alle d’accord? Wenn dem so ist und ich müsste nun „NÄCHTE“ entsprechend bewerten, dann … entspräche dieses dritte Album von UMME BLOCK 10 Glück. Mindestens! Das Duo aus München ist ein Glücksfall. Für die deutsche Musiklandschaft, für die Electro-Szene und überhaupt für alle, die fein gewobene Musik elektronischer Machart zu schätzen wissen. „NÄCHTE“ ist ein eindrucksvoller Beleg dafür. Das bisher beste Album der Damen und schon wieder (m)ein Lieblingsalbum des Jahres. Chapeau!
To be honest, I don’t really remember much about January 2023. These are—let’s put it mildly—turbulent times, and it’s not exactly hard to lose track of things. But there’s one moment I do remember clearly: that January, an album popped up on my musical radar (along with the duo behind it) that left a lasting impression on me. One that still resonates today. Maybe I was a little love-struck—musically speaking—with State of Limbo, the second album by the Munich-based duo UMME BLOCK. A band name that sounds like something Icke & Er might have cooked up back in the day, behind which are Klara Rebers and Leoni Klinger.
So, what exactly caused that sudden rush of euphoria? It was the irresistible blend of carefully composed, arranged, and lovingly crafted electronic soundscapes—ones you could just sink into. Add to that some cleverly written lyrics, sometimes rooted in contemporary issues, and of course, those beautiful vocals. Once you’ve had a taste of State of Limbo, it’s hard to come down from it. At least for a while.
And now UMME BLOCK are back, coming ‘round the block again with their third album, aptly titled NÄCHTE—German for “Nights.” The title is in German, and so are several of the lyrics or at least parts of them. So is everything suddenly different in the UMME BLOCK universe? Not at all. I’d say it’s evolution, not revolution. And that’s a good thing. Why? Let me walk you through it.
The central thread running through this album is nights. And oh, the kinds of stories you could tell about that magical stretch of time separating one day from the next. Nights don’t exist solely for sleeping—we all know that. I’d bet anything that if someone asked you about the most meaningful moments in your life, at least one unforgettable night would make the list. Maybe you spent it out partying with solid people, or maybe you sat by Hamburg’s harbor, lost in thought, watching the sparkling lights of ships pass by. Maybe you had the best sex of your life. Or maybe your self-doubt hit like a sledgehammer, and you wandered the streets alone, a convenience store beer in hand. So much can happen between the final and the first rays of sunlight—and because it can, it does.
That’s the emotional terrain UMME BLOCK explore on NÄCHTE.
As I mentioned, a good portion of the lyrics are in German this time. It might feel unfamiliar at first, but it makes the stories they tell hit even harder. Straight through the ears, right into the heart. The album opens with “NACHTBRUCH” (“Nightbreak”), which the band describes as a song that offers orientation: “Trust yourself. Even in the darkest, hardest moments, there is light.” The album closes with the instrumental “FRÜHLICHT” (“Morning Light”). In between those two pieces lie 30 stunning minutes that are honestly hard to put into words. It’s all just… too good, too beautiful, too indescribable.
The ingredients remain largely the same: electronic music with no boundaries. Just as UMME BLOCK freely blend languages—often switching between English and German within a single track—they also weave together various strands of electronic music. Take “RAGE,” for example. It’s full-on techno, but still melodic. A banger for the dance floor, if you ask me—or for those moments when everything feels overwhelming and you just want to scream “Shit!” at the top of your lungs. But it’s not just noise. If the pounding beat is the thunderstorm, then the quiet parts are the moments when the sky clears and starlight peeks through the clouds.
“BREATHE” would definitely make fans of futurepop happy. The title track, NÄCHTE, flirts heavily with drum & bass. Flirtation seems to be the word here anyway—it might just be the most gorgeous anthem to life, to love, to those magical nights when anything feels possible and only the sky is the limit.
The contrast comes in “LEISE” (“Quiet”), where the duo reflects on the fleeting nature of things. Even the most beautiful, exciting, unforgettable night eventually ends. The lights come back on. What once felt so loud becomes quiet again. Sometimes it stays quiet. Forever.
There’s music you listen to that doesn’t move you at all—soulless junk, spat out for quick cash. Or worse, created by AI prompts—looking at you, Suno AI. And then there’s music like UMME BLOCK’s. Music where you feel the heart and soul behind every note. Where it’s not just audible—it’s tangible. Every tone, every beat, every instrument, every lyric, every line of vocal delivery is precisely on point. Nothing is too much, nothing too little. And that’s something you can’t say about a lot of electronic music these days.
Sure, it’s impressive what AI can create now—Suno, for instance, spits out entire songs with lyrics, vocals, even cover art. But you know what AI will never truly possess? Passion. Dedication. The inner drive to create something because there’s something inside that needs to come out and be shared with the world.
NÄCHTE overflows with all of that. So much so that once the final note fades, you’ll likely feel the urge to start the album all over again. And then again.
Right now, I’m thinking: maybe we should define a new unit of measurement. Something we can use whenever we’ve not just listened to, but soaked in an album—something that captures that deeply satisfying, almost cozy feeling of having just experienced music of true quality. Can we agree on the unit Glück? (German for “joy” or “happiness.”) The smallest amount you can assign would be 1 Glück.
If so—and I had to rate NÄCHTE by that scale—then this third album by UMME BLOCK would be a solid 10 Glück. At least. This duo from Munich is a stroke of luck for the German music scene, for the world of electronica, and for anyone who appreciates finely woven, emotionally intelligent soundscapes. NÄCHTE is a powerful testament to that.
Their best work yet—and already my favorite album of the year. Chapeau.
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