[English version below]
In anderen Artikeln bzw. anderen Zusammenhängen habe ich es hier schon erwähnt: Ein Interview mit dem Archäogenetiker Johannes Krause, welches der Spiegel im Oktober 2021 führte. Die Kernaussage war in etwa: Irgendwann in der Evolution des Menschen ist dieser genetisch falsch abgebogen und hat eine Art Selbstzerstörungs-Gen entwickelt. Oder, wie es Arnold Schwarzeneggers T-800 im Film „Terminator 2: Judgment Day“ so treffend formulierte: Es liegt in der menschlichen Natur, uns selbst zu zerstören. Ein Blick auf die aktuelle Weltlage untermauert diese These eigentlich fortwährend. Aber darauf will ich an dieser Stelle gar nicht weiter herumreiten. Es kam mir nur angesichts des dritten Bandes von „A Vicious Circle“ wieder in den Sinn. Im großen Finale der Hatz durch die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte drehen der Attentäter Shawn Thacker und seine Nemesis, Ferris, richtig auf. Und um in diesem Zusammenhang noch ein Zitat zu bemühen, dieses Mal von den Smashing Pumpkins: The End Is The Beginning Is The End.
Das dynamische Duo, dessen Zeitreise sich dadurch einleitet, dass jemand von ihnen umgebracht wird bzw. sie sich gegenseitig ins Gras beißen lassen, landet nach den Ereignissen des letzten Bandes irgendwann in einer Zukunft, in der die Menschheit nur noch eine Generation von der absoluten Auslöschung entfernt ist. Regen fällt als Säure vom Himmel, mangels oftmals anderer Alternativen hat die einstige Königsklasse der Evolution damit angefangen, einander aufzufressen. Was der Auslöser war, wie und warum der Mensch sein Schicksal besiegelte, ist nicht klar. Spekuliert wird über Dinge wie die Erfindung des Internets oder die Entdeckung der Atome. Von wem auch immer hat Ferris daher die Mission, entscheidende Momente in der Menschheitsgeschichte zu verändern. Hitler wurde ja vorhergehenden Band schon erschossen, hier ballert man unter anderem Pontus Pilatus über den Haufen, ehe er einen gewissen Jesus von Nazareth zum Tode am Kreuz verurteilen konnte. Auch ein Napoleon wurde aus dem Weg gesnipert, genauso wie auch Alexander der Große.
Freilich, es nützt alles nichts.
Dem Namen des Comics entsprechend, finden sich Thacker und Ferris in einem endlosen Teufelskreis wieder. Der Zweite Weltkrieg wurde zwar verhindert, dafür ist Amerika als solches nicht einmal so benannt – und drüben, im fernen Europa, herrscht dafür ein Diktator, gegen den Hitler und Mussolini wie Chorknaben wirken sollen. Sie können die Spirale der Gewalt nicht mit Gegengewalt durchbrechen. Und somit bleibt den beiden Kontrahenten auch nichts weiter, als den ewigen Kampf miteinander fortzusetzen, der sie in eine Zeit zurückbringt, wo sie schon einmal gestrandet sind, darauf hoffend, dass sie wenigstens ihren ewigen Kreislauf durchbrechen können …
Mit dem dritten und finalen Band hauen Autor Mattson Tomlin und Zeichner Lee Bermejo noch einmal so richtig auf den Putz. Die wilde Jagd durch die Menschheitsgeschichte bekommt endlich ein paar lang benötigten Antworten. Gleichwohl davon aber nicht so sehr viele, um nicht mehr die Fantasie der Lesenden anzuregen. Beispielsweise wird nie beantwortet, wer genau eigentlich Ferris auf die Reise durch die Zeit geschickt hat und wie der ganze Schnack überhaupt funktioniert. Es gibt ein paar vage Andeutungen, beispielsweise wie die eines Unfalls in Zusammenhang mit der Maschine, die uns in Band 2 vorgestellt wurde, und das war es dann auch. Reicht auch. Ein sonderlich textlastiger Comic war „A Vicicous Circle“ bisher nicht und auch der dritte Band weicht nicht vom gewohnten Schema ab. Dafür bekommen wir wieder seitenweise umwerfender, teilweise schon fotorealistischer Bilder von Lee Bermejo geboten. Die, wie ebenfalls schon bekannt, in Teilen ganz schön drastisch, weil grausam brutal ausgefallen sind.
Die Frage, ob Thacker und Ferris den Teufelskreis werden durchbrechen können, beantworte ich an dieser Stelle nicht. Die Frage, ob sich „A Vicious Circle“ lohnt, dafür aber sehr gerne. Ja. Alles in allem sind alle drei Bände eine optisch überragende, teilweise ziemlich brutale Jagd durch die Zeit, deren tendenziell ausgelutschte Rahmenhandlung über genügend gelungene Twists verfügt, um Spannung und Interesse konstant oben zu halten. Zwar liefert die Story keine Lösung, wie aus dem Teufelskreis, in dem die Menschheit gefangen ist, auszubrechen ist. Aber immerhin Impulse, sich gedanklich damit zu beschäftigen. Und das ist auch schon eine ganze Menge.
I’ve mentioned it here before in other articles and contexts: an interview with archaeogeneticist Johannes Krause conducted by Der Spiegel in October 2021. The key takeaway was something along the lines of: At some point in human evolution, our species took a genetic wrong turn, developing a kind of self-destructive gene. Or, as Arnold Schwarzenegger’s T-800 famously said in "Terminator 2: Judgment Day," it's in human nature to destroy ourselves. A quick glance at the current state of the world continuously supports this theory. But that's not what I'm here to dwell on today—it merely came to mind again while reading the third volume of "A Vicious Circle." In this grand finale to the chase through millennia of human history, assassin Shawn Thacker and his nemesis Ferris truly ramp things up. And to quote the Smashing Pumpkins: "The End Is The Beginning Is The End."
The dynamic duo, whose time travel kicks in whenever one of them kills or is killed by the other, find themselves after the events of the last volume in a distant future where humanity is just one generation away from absolute extinction. Rain falls from the sky as acid, and with few alternatives left, humanity—once evolution's crown jewel—has started devouring each other. Exactly what triggered this grim fate remains unclear. Speculations range from the invention of the internet to the discovery of atomic energy. Regardless, Ferris has been tasked by an unknown force with altering key moments in human history. Hitler was already assassinated in a previous volume; now it’s Pontius Pilate's turn to be gunned down before sentencing a certain Jesus of Nazareth to crucifixion. Napoleon meets the sniper’s bullet, as does Alexander the Great.
Of course, none of this truly helps.
In line with the comic’s title, Thacker and Ferris find themselves stuck in an endless vicious circle. Although World War II was prevented, America as we know it never existed—instead, far-off Europe is now dominated by a dictator who makes Hitler and Mussolini look like choirboys. Violence cannot break the spiral of violence. Thus, the two opponents have no choice but to continue their endless battle, sending them back to eras they've already visited, forever hoping to break their eternal loop…
In this third and final volume, writer Mattson Tomlin and illustrator Lee Bermejo truly pull out all the stops. Their wild ride through history finally delivers some long-awaited answers—though deliberately not so many as to stifle readers’ imaginations. For instance, we never discover precisely who sent Ferris traveling through time or exactly how the mechanism works. There are hints—a vague mention of an accident connected to the machine introduced in volume 2—and that's about it. And that's enough. "A Vicious Circle" hasn't been especially text-heavy, and the third volume maintains this pattern. Instead, we're again treated to page after page of stunning, occasionally photorealistic artwork by Lee Bermejo, some of it incredibly brutal.
I won't answer here whether Thacker and Ferris manage to break their cycle. But I will gladly answer the question of whether "A Vicious Circle" is worth your time: Absolutely, yes. Taken together, all three volumes offer a visually outstanding, often brutally intense chase through time, with enough clever twists in what could have been a tired narrative concept to maintain constant suspense and interest. While the story doesn’t offer a solution for humanity's ongoing vicious circle, it certainly provides food for thought. And that alone is quite an accomplishment.
Roman Empire