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Gefühlt war es gerade eben erst, dass ich angesichts der Comicserie „Blade Runner: Origins“ ziemlich in Verzückung geriet. Ein Blick in den Kalender sagt mir aber: nee, Mann – ist schon wieder ein halbes Jahr her! Offensichtlich hatte der Auftakt dieser Reihe, die in einer Zeit angesiedelt ist, lange bevor ein gewisser Rick Deckard Jagd auf Replikanten machte, ziemlich Eindruck hinterlassen. Ein frommer Wunsch war: Möge die Serie dieses hohe Niveau bitte halten! Mittlerweile liegt der nächste Band vor, „Blade Runner Origins 2: Schrott“. Zeit also, mal zu prüfen, ob dieser Wunsch in Erfüllung gegangen ist.
Die Serie spielt, wie so ziemlich alles in Sachen „Blade Runner“, in einem fiktiven Los Angeles. Entgegen aber etwa der Filme im Jahr 2009. Von der Entwicklung der berühmt-berüchtigten Replikanten der Baureihe Nexus 6 ist die zwielichtige Tyrell Corporation noch eine Weile entfernt. Nexus 4 beherrscht den Markt, erste Prototypen von Nexus 5 sind im Anmarsch. Und es wäre wohl keine Comicserie entstanden, wenn diese künstlich geschaffenen Menschen nicht Probleme bereiteten. Zumindest ihren Schöpfern.
LAPD Officer Cal Moreaux ist noch immer damit beschäftigt herauszufinden, warum eine Wissenschaftlerin der Tyrell Corporation Selbstmord beging. Und vor allem den Prototypen des Nexus 5 dingfest zu machen, der allem Anschein nach durch die Slums von L. A. zieht, um Replikanten zu erwecken. Eigenes Bewusstsein, sich darüber im Klaren zu sein, dass man lebt und dies nur eine sehr begrenzte Zeitspanne ist, davon sind die Replikanten jener Zeit noch ein ganzes Stück entfernt. Cal gerät zwischen die Fronten und in dem Moment, als seine Position klar zu sein scheint, ergreift seine Auftraggeberin von Tyrell, Ilora Stahl, die Initiative …
Alles das, was ich an Lobhudeleien über den ersten Band dieser großartigen Serie geschrieben habe, ließe sich auch 1:1 auf diesen zweiten Band anwenden. Eine großartig geschriebene Geschichte, die den handelnden Figuren in diesem Teil ein ordentliches Plus an Tiefe angedeihen lässt. Filmhafte Zeichnungen und spannende und ungewohnte Perspektiven. Die Panels sind wie Schnitte eines Films, die düstere, aber lebhafte Farbgebung passt ganz hervorragend und ergibt in Kombination die dystopische Stimmung, die Fans aus den beiden „Blade Runner“-Filmen kennen.
Bemerkenswert ist überdies, dass sich „Blade Runner Origins“ nicht darauf beschränkt, einfach nur eine Geschichte in der Welt der Replikanten und ihrer Jäger zu erzählen, sondern auch großen philosophischen Betrachtungen nachgeht. Ist denn ein Leben weniger wert, nur weil es künstlich geschaffen wurde? Haben die Bedürfnisse künstlich erzeugter Wesen, die sich ihrer selbst bewusst sind, keinen Anspruch, erfüllt zu werden? Und wird es jemals gelingen, Rassismus zu überwinden?
„Blade Runner: Origins“ erinnert mich auf ganz tolle Weise an die Comics zum Videospiel „Cyberpunk 2077“. Gar nicht mal so sehr wegen des artverwandten Settings, sondern viel mehr aufgrund der zum Nachdenken anregenden Inhalte. Vermutlich steuert diese Serie bereits auf das Grande Finale zu, aber schon jetzt bin ich ziemlich sicher, dass sie mir als besonderes Kleinod in Erinnerung bleiben wird. Eine, in der die Zwischentöne mehr wirken als die Knalleffekte.
It feels like just yesterday that I was raving about the comic series "Blade Runner: Origins." But a quick glance at the calendar tells me otherwise—nope, it's been six months already! Clearly, the debut of this series, set long before a certain Rick Deckard started hunting replicants, left quite an impression. My hope back then? That the series would maintain its high quality! Now, the next volume, "Blade Runner Origins 2: Scrap," has arrived. Time to see if that hope has been fulfilled.
As with nearly everything in the "Blade Runner" universe, the series takes place in a fictional Los Angeles. However, unlike the films, it's set in 2009. The shady Tyrell Corporation is still some time away from developing the infamous Nexus-6 replicants. Nexus-4 dominates the market, while early prototypes of Nexus-5 are on the horizon. And, of course, there wouldn't be a comic series if these artificially created humans weren’t causing problems—at least for their creators.
LAPD Officer Cal Moreaux is still investigating why a scientist from the Tyrell Corporation committed suicide. More importantly, he’s trying to track down the Nexus-5 prototype, who seems to be roaming the slums of L.A., awakening replicants. The replicants of this era are still far from developing self-awareness—the understanding that they are alive and that their time is limited. Cal finds himself caught between opposing forces, and just as his role seems to be solidifying, his Tyrell handler, Ilora Stahl, takes matters into her own hands…
Everything I praised about the first volume of this fantastic series applies just as much to this second installment. A brilliantly written story that adds significant depth to its characters. Cinematic artwork with striking and unconventional perspectives. The panels feel like film cuts, and the dark yet vibrant color palette perfectly captures the dystopian atmosphere familiar to fans of the two "Blade Runner" films.
What’s also remarkable is that "Blade Runner Origins" doesn’t just tell another story in the world of replicants and their hunters—it also dives deep into philosophical themes. Is a life worth less simply because it was artificially created? Do the needs of self-aware, artificially generated beings have no right to be met? And will humanity ever overcome racism?
"Blade Runner: Origins" reminds me in the best way of the comics inspired by the video game "Cyberpunk 2077." Not so much because of their similar settings, but rather due to their thought-provoking narratives. The series is likely already steering toward its grand finale, but I’m pretty sure it will stay with me as a rare gem—one where subtle nuances have a greater impact than flashy action sequences.
Roman Empire