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Vom Videospiel „Cyberpunk 2077“ habe ich seit seinem Erscheinen vor drei rund Jahren eine außerordentlich hohe Meinung. Dass der Start vergeigt und vor allem auf den alten Konsolengenerationen (PS4 usw.) ein ziemlicher Schuss in den Ofen war – mittlerweile geschenkt. CD Projekt Red hat meines Erachtens viel getan, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen und kürzlich mit der Erweiterung „Phantom Liberty“ (mit dem großartigen Idris Elba in der Hauptrolle) wieder geliefert. Wenn die Leute bei CD Projekt RED eines können, dann famose Erweiterungen zu schaffen, die jeden Eddie wert sind. Und ich finde es auch nur konsequent und richtig, dass sich das Entwicklungsteam hingestellt hat und erklärte, dass in künftigen Fortsetzungen Protagonist V. keine Rolle mehr spielen wird, dass diese Geschichte zu Ende erzählt ist.
Mal ehrlich: Der eigentliche Star des Spiels ist doch ohnehin die Stadt Night City selbst. Ich habe zahllose Stunden damit verbracht, einfach nur durch die Stadt zu schlendern und mich an der aberwitzigen Architektur und der unfassbaren Detailverliebtheit zu erfreuen. Das mache ich heute noch gerne, zumal die Leidenschaft für das Spiel durch „Phantom Liberty“ wieder erneut entfacht wurde. Worauf ich hinaus möchte: Geschichten lassen sich in Night City noch und nöcher finden und erzählen. Die Anime-Serie „Cyberpunk: Edgerunners“, die bei Netflix gezeigt wird, ist ein Beispiel dafür. Die diversen Comics ein anderes. Und um einen solchen Comic geht es mir hier und heute. Panini Comics veröffentlicht in diesen Tagen „Cyberpunk 2077 – Blackout“. Ein einmal mehr faszinierender Trip in die Schattenwelt von Night City.
Während der Handlung des Comics kommt es in Night City immer wieder und sehr regelmäßig zu den namengebenden Blackouts. Für die Dauer von rund 10 Minuten geht in der Stadt gar nichts, weil sämtlichen elektronischen Geräte, die an eine externe Stromversorgung gekoppelt sind, ausfallen. Ein Zustand, den allerhand zwielichtige Gestalten selbstredend für sich zu Nutzen wissen. In diesem Kontext folgt die Geschichte dem Programmierer Arturo, der für die Programmierung von BDs, also Braindance-Simulationen, zuständig ist. Ein Braindance ist eine Simulation, die direkt in das Nervensystem der Nutzenden eingetrichtert wird. Es werden dort bestimmte Situationen oder Szenen nachgestellt, die sich für diejenigen, die sich einen BD geben, vollkommen real anfühlen, da sämtliche Sinne angesprochen werden. Es liegt auf der Hand, dass BDs nicht nur verwendet werden, um eine vergnügliche Kreuzfahrt zu simulieren, sondern da auch sehr abgründiger Scheiß produziert wird, dessen Kern auf wahren Begebenheiten basiert.
Arturo jedenfalls hat irgendwann die Schnauze voll davon, solcherlei Dinge zu tun, zumal sie seine Todessehnsucht nur verstärken. Es kommt zu einem Zwischenfall, der bei ihm ein Umdenken auslöst. Was wäre denn, wenn man diese BDs für beinahe schon therapeutische Zwecke nutzen würde? Viele Menschen sind oftmals Gefangene ihrer selbst. Menschen, die an Alkoholismus leiden, werden das kennen, genauso wie jene, die mit Depressionen, Angststörungen oder mit ähnlichen Dingen zu kämpfen haben. Wenngleich man sich völlig im Klaren darüber ist, dass dieses oder jenes Verhalten schlecht ist – über den Schatten zu springen, aus dem Loch herauszukommen, die Flasche stehenzulassen usw. – es ist schwer. Sehr, sehr schwer.
Unser Arturo jedenfalls hat in der Handlung einen Moment des Erwachens, programmiert demzufolge BDs, die mehr können, als nur wie auch immer gelagerte Gelüste zu befriedigen – und sieht sich dann weitreichenden Konsequenzen gegenüber, die absurd hohe finanzielle Forderungen ihm gegenüber mitbringen. Er entwickelt einen Plan, bei dem eine Fixerin, eine Edgerunnerin sowie ein Cop eine sehr entscheidende Rolle spielen. Es entspinnt sich alsbald eine rasante Achterbahnfahrt, die deutlich macht: so einfach kannst Du die Klammern, die Dich in Deinen Bahnen halten, einfach nicht lösen …
Geschrieben wurde „Cyberpunk 2077 – Blackout“ von Bartosz Sztybor, einem der Autoren von „Cyberpunk: Edgerunners“. Und wenig überraschend hat Sztybor ein ganz großartiges Gespür für die Welt von Night City und den unzähligen Seelen, die darin leben. Arturo, die Edgerunnerin Al-Beta, der alkoholabhängige Polizist Kashyap und so weiter – jede Figur in dieser spannenden Geschichte ist glaubhaft und sehr überzeugend geschrieben. Nicht nur, dass sich ihre Motivation, ihr Handeln in jeder Sekunde nachvollziehen lässt – zumindest ich kann auch das persönliche Gefängnis, aus dem sie sich aus diesem oder jenem Grund befinden, ihre Sorgen, Ängste und Zwänge sehr gut nachvollziehen. Das geht sogar so weit, dass ich bei der Lektüre des Comics folgendes bemerkte: Ich fieberte mit ihnen mit – und wünschte alles Gute. Die Hoffnung, sie wird hier sehr hochgehalten. Eine weitere, bemerkenswerte Tatsache dieses Kleinods.
Die Zeichnungen stammen von Roberto Ricci und im ersten Moment empfand ich die Bilder, nicht zuletzt aufgrund der sehr einfach gehaltenen, flächigen, wenig plastischen und sehr minimalistischen Farbgebung, als nicht wirklich schön. Ich glaube, so im Nachgang sind sie auch nicht als „schön“ im klassischen Sinne zu bezeichnen. Dafür aber kunstvoll. Sehr dynamisch. Sehr effektiv, um Lesende in die Handlung hineinzuziehen. Und somit schlussendlich sehr passend. Wie so oft im Leben darf man sich auch hier nicht von einem oberflächlichen ersten Eindruck täuschen lassen. Die Bilder, die Ricci hier aufs Papier gebracht hat, tragen einen sehr wesentlichen Teil zum Funktionieren dieses Comics bei.
Vielleicht ist „Cyberpunk 2077 – Blackout“ nicht die größte Geschichte, die man im „Cyberpunk“-Universum erzählen kann. Muss es auch gar nicht sein; es reicht, wenn die schweren Geschütze für die Videospiele aufgehoben werden. Aber dieser Comic zeigt einmal mehr, dass man sehr wohl noch viele weitere, sehr spannende und unterhaltsame Storys erzählen kann über die Einwohner von Night City. Und noch etwas möchte ich schlussendlich in Bezug auf diesen Comic festhalten: Die Macher nehmen ihre Figuren und deren Schicksale sehr ernst. Ein Umstand, der sich längst nicht jedem Comic attestieren lässt.
I’ve had a really high opinion of Cyberpunk 2077 ever since it launched about three years ago. Sure, the rocky release and the mess it was on old-gen consoles (PS4, etc.)—yeah, total disaster. But at this point? Water under the bridge. CD Projekt Red, in my view, has done a lot to turn things around, and the recent Phantom Liberty expansion (featuring the fantastic Idris Elba) proves they’re still more than capable of delivering the goods.
If there’s one thing CDPR absolutely nails, it’s expansions. And I think it’s completely fair—and narratively smart—that they’ve decided V’s story is done.
Let’s be real though: the real star of Cyberpunk 2077 is Night City itself.
I’ve spent countless hours just roaming around, soaking in the absurd architecture and the ridiculously detailed worldbuilding. Still do. Especially now that Phantom Liberty reignited my passion for the game.
Where am I going with this? Well, Night City is bursting with stories just waiting to be told. The Netflix anime Cyberpunk: Edgerunners proved that. And so do the various comics set in the same world.
And that brings us to today’s topic: “Cyberpunk 2077 – Blackout,” freshly released by Panini Comics—a new deep dive into the shadows of Night City.
During the events of this comic, Night City is plagued by recurring blackouts. Total shutdowns. For roughly ten minutes, all electronics powered by external sources simply stop working. As you’d expect, plenty of shady individuals take full advantage of these power drops.
Enter our protagonist: Arturo, a Braindance programmer. For the uninitiated, a Braindance (BD) is a neural simulation—you don’t just watch a scene, you experience it. Every sense is triggered. Every emotion, every whisper, every scream feels real.
Of course, it’s not just vacation getaways and fantasy adventures. There's a whole black market of deeply disturbing, trauma-based content. Often rooted in actual horrific events.
And Arturo? He’s had enough of it. These gigs are messing with his head. Feeding into his already spiraling death wish.
One incident becomes the final straw—and triggers a revelation:
What if BDs could be used therapeutically instead?
What if they could help people—those stuck in cycles of addiction, trauma, depression—face their demons head-on? What if they could serve as tools for change, not just cheap thrills or trauma porn?
It’s a bold idea. But as this comic shows, bold ideas come with brutal consequences—including some absurdly high financial demands from the wrong people.
So Arturo hatches a plan. One that brings in a Fixer, a badass Edgerunner, and a cop battling his own demons.
And from there, you’re in for a wild ride—a high-stakes, fast-paced rollercoaster through the moral and literal shadows of Night City.
The story comes from Bartosz Sztybor, one of the writers behind Cyberpunk: Edgerunners. Unsurprisingly, he’s got a phenomenal grasp on the world of Cyberpunk and its broken, haunted inhabitants.
Characters like Arturo, the Edgerunner Al-Beta, and the alcoholic cop Kashyap all feel incredibly real. Not just their motivations, but their inner worlds—the personal prisons they’ve built or been thrown into—are tangible.
Reading this comic, I found myself rooting for them. Really rooting for them.
The story holds hope high. That’s not something you always see in Cyberpunk fiction, but it works beautifully here.
The art? It’s by Roberto Ricci. And I’ll be honest—at first glance, I didn’t love it. The minimalist colors, flat shapes, and sparse detailing didn’t seem “pretty” to me at first. But the more I read, the more I realized—this art isn’t trying to be traditionally beautiful.
It’s stylized. Purposeful. Dynamic as hell.
It fits the mood. The chaos. The pain. The urgency. It pulls you into the story without ever letting go.
So yeah—don’t let a snap judgment mislead you. Ricci’s art is a perfect match for this world.
Is Cyberpunk 2077 – Blackout the most epic story ever told in the Cyberpunk universe? Probably not. But it doesn’t have to be. The game can carry the heavy narrative artillery.
This comic proves there’s plenty of room for grounded, emotional, and still totally thrilling stories within Night City.
And most importantly?
The creators treat their characters with genuine care and respect. That alone puts Blackout a cut above most tie-in comics.
It’s not just about the tech or the grit or the neon-soaked shootouts.
It’s about people trying to escape themselves.
And that, in Night City or anywhere else, makes for a damn good story.