[English version below]
Die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft, meist in Gestalt von Peter Parker durch New Yorks Straßenschluchten schwingend, ist hinlänglich bekannt. Auch dessen Eigenschaften: nett, hilfsbereit, meist einen flotten Spruch auf den Lippen und überhaupt eine grundgütige Person. Wenn man als Kreativteam, das eine neue Serie rund um den Netzschwinger zu verantworten hat, einen neuen Twist in die altbekannte Figur und ihre Abenteuer bringen möchte, bieten sich mehrere Möglichkeiten. Man könnte zum Beispiel jemand anderes in das Kostüm stecken. Peters Klon Ben Riley beispielsweise. Oder man erzählt eine Multi- bzw. Spider-Verse-Geschichte.
Eine andere Möglichkeit, um Peter Parker bzw. Spider-Man anders darzustellen als gewohnt – nämlich launisch, überheblich, nur den eigenen Interessen folgend und keineswegs so selbstlos wie immer – ist, jemand anderes Besitz von seinem Geist und Körper ergreifen zu lassen. So geschehen vor langer Zeit, als der Geist von Spideys Erzfeind Dr. Octopus mit dem von Peter Parker verschmolz und der (vermeintlich) überlegene Spider-Man daraus hervorging. Zeiten und Umstände erfordern es, dass er zurückkehrt. Und das tut er in „Der überlegene Spider-Man 1: Die Sünden der Arroganz“.
Anno dazumal, als Otto Octavius sich in Geist und Körper von Peter Parker eingenistet hatte, schuf er, möglicherweise tatsächlich im Bestreben, eine neue, saubere Energiequelle zu erschaffen, eine neue Bedrohung von wahrlich kosmischer Gefahr. Um sein Ego zu pushen und alle Lorbeeren für den Erfolg kassieren zu können, opferte er seine Assistentin, die jener Energiequelle ausgesetzt war. Das grundsätzliche Problem dauerhaft kostengünstiger und umweltfreundlicher Energieversorgung war dennoch nicht gelöst, dafür wurde die Frau quasi zur menschlichen Supernova. Ausgestattet mit der Kraft einer sterbenden Sonne, man gönnt sich ja sonst nichts. Supernova, so auch ihr Name, konnte eingefangen und eingesperrt werden. Nun aber ist sie wieder da und sinnt auf Rache. An Spider-Man. Sie kann ja nicht wissen, dass unser Wandkrabbler nicht der gleiche Typ ist, der ihr damals diesen schlimmen Unfall angetan hat. Und weil sie darüber hinaus einen Menschen bedroht, der Dr. Octopus tatsächlich etwas bedeutet – sollte da also der überlegene Spider-Man zurückkehren? Aller bekannten Konsequenzen inklusive?
Müsste ich diesen Comic in nur einem Satz zusammenfassen, dann würde ich wohl etwas schreiben wie: Klassische Spider-Man-Action, nicht übermäßig spektakulär (oder gar überlegen), aber dennoch unterhaltsam. Christos Gage und Dan Slott lieferten eine temporeiche, manchmal dezent humorvolle Geschichte, die sofort an Fahrt aufnimmt und das hohe Tempo über die rund 160 Seiten halten kann. Natürlich ist wie immer alles ganz schrecklich dramatisch, was hier passiert, dennoch wirkt die Geschichte bei Weitem nicht so knochenernst wie so viele andere Comics mit maskierten Superwesen im Mittelpunkt, die man sonst heutzutage so zu lesen bekommt. Wäre von meinem Besuch im Kino zwecks „Deadpool & Wolverine“ neulich noch Popcorn übrig (und essbar!), ich hätte es wohl bei der Lektüre dieses Comics verkonsumieren wollen.
Die Zeichnungen, für die große Leute wie Mark Bagley oder Humberto Ramos verantwortlich waren, sind schön anzusehen und sind ganz wesentliche Faktoren für das Funktionieren dieses Comics. Auch die plastischen, lebhaften Farben von Edgar Delgado, dessen Tun mir zuletzt in dem famosen ersten Band der neuen „Hulk“-Serie gut gefallen hat, tragen ganz viel zum positiven Eindruck bei. Ich wiederhole noch einmal: „Der überlegene Spider-Man 1: Die Sünden der Arroganz“ ist gewiss nicht der allerstärkste Titel im aktuellen Programm von Panini Comics rund um den Netzkopf. Den Titel würde ich nach wie vor an „Spider-Man: Im Netz des Grauens“ vergeben wollen. Aber an diesen heißen Sommertagen, wo es nicht leicht genug sein kann, bietet dieser Comic mehr als genug guter Unterhaltung, um die Anschaffung zu rechtfertigen.
Our friendly neighborhood Spider-Man, usually swinging through New York’s urban canyons as Peter Parker, is well known. His traits: kind-hearted, helpful, quick-witted, and generally a fundamentally good guy. So, when a creative team sets out to bring a fresh twist to the familiar character, there are several avenues they might explore. One could put someone else in the Spider-Man costume—say, Peter’s clone Ben Reilly—or dive into a multi-verse or Spider-Verse storyline.
Another intriguing method to portray Peter Parker differently—making him moody, arrogant, selfish, and not at all the usual selfless hero—is to let someone else take control of his mind and body. This occurred long ago when the mind of Spider-Man’s arch-enemy Dr. Octopus fused with Peter Parker's, creating the (supposedly) Superior Spider-Man. Circumstances now demand his return, which brings us to "Superior Spider-Man Vol. 1: The Sins of Arrogance."
Back when Otto Octavius occupied Peter Parker’s mind and body, he tried—perhaps genuinely—to develop a clean energy source but ended up creating a cosmic-level threat instead. To boost his ego and claim all the glory, he sacrificed his assistant by exposing her to this energy. The fundamental issue of affordable, sustainable energy remained unresolved, and instead, the woman became a human supernova—appropriately named Supernova, now wielding the power of a dying sun. Captured and imprisoned, she's back and thirsty for revenge against Spider-Man, unaware that the current web-slinger isn't the one responsible for her tragic transformation. When she threatens someone important to Dr. Octopus, the Superior Spider-Man must consider returning, fully aware of the consequences.
If I had to summarize this comic in just one sentence, I’d say: classic Spider-Man action, not extraordinarily spectacular (or even superior), but entertaining nonetheless. Christos Gage and Dan Slott deliver a fast-paced, occasionally humorous story that immediately picks up speed and maintains it throughout its roughly 160 pages. Of course, everything happening here is deeply dramatic, yet the story doesn't take itself as seriously as many other superhero comics these days. If I had leftover popcorn from my recent cinema visit for "Deadpool & Wolverine" (and if it were still edible!), I probably would've enjoyed it while reading this comic.
The illustrations by talented artists like Mark Bagley and Humberto Ramos are delightful, significantly contributing to the comic's appeal. The vivid, dynamic colors by Edgar Delgado—whose work recently impressed me in the fantastic first volume of the new "Hulk" series—also add greatly to the positive impression.
Let me reiterate: "Superior Spider-Man Vol. 1: The Sins of Arrogance" is certainly not the strongest Spider-title in Panini Comics' current lineup. I'd still award that title to "Spider-Man: Im Netz des Grauens." However, on these hot summer days when lighter entertainment is exactly what's needed, this comic provides more than enough fun to justify adding it to your collection.
Roman Empire