[English version below]
Seabound, Edge Of Dawn, Ghost & Writer, diverse Gastauftritte bei anderen Projekten – an Möglichkeiten, sich musikalisch auszutoben scheint es Frank M. Spinath nicht zu mangeln. Wobei das nur Teil der Wahrheit ist. Schließlich beschränkt sich diese Möglichkeit ungefähr seit des 2004er-Seabound-Albums „Beyond Flatline“ darauf, Texte und Gesang zu liefern. Selbst aber die Musik zu machen, quasi an jedem Aspekt der Entstehung eines Songs aktiv mitzuwirken, das liegt viele, viele Jahre zurück. Und doch hat sich im Laufe der Zeit in Füllhorn an Demos, musikalischen Ideen und Textfragmenten angesammelt, die nun ins Rampenlicht gerückt werden sollen. Frank tut es mit seinem neuesten Projekt: „Lionhearts“. Und so heißt auch das Album, um das es mir nachfolgend geht. Unterstützt wurde Frank hierbei von Hecq, der auch die Produktion übernommen hat. In gewisser Weise ist dieses Album gute 20 Jahre gereift. Demzufolge gibt es auch so einiges zu erzählen. Fangen wir an.
Warum Lionhearts? Die Frage drängte sich mir förmlich auf, da der Name irgendwie nicht so recht zu dem zu passen scheint, was an Musik aus den Boxen tönt. Daher war dies auch die erste Frage, die ich Frank stellte, als wir bezüglich des Albums neulich miteinander telefonierten. Er erklärte, die Inspiration dazu lieferte Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker „Die Brüder Löwenherz“. Entgegen dem Buche war aber gar nicht speziell der Tod bzw. die Auseinandersetzung damit der Inhalt von Franks Überlegungen, sondern das Gewinnen von Mut angesichts schwieriger Entscheidungen, komplizierter Wege und/oder auswegloser Situationen. Wie er mir in dem Gespräch erklärte, habe er es im Laufe seines Lebens auch erst lernen müssen, sich nicht zu sehr zu sorgen vor dem, was passieren könnte, keine Angst vor diesem und jenem zu haben und stattdessen einfach mal zu machen. Sich etwas zu trauen. Heute ist Professor Doktor Frank M. Spinath ein gemachter Mann – gut vorstellbar, dass es anderen, die auch gerne mal vor einem Wagnis stehen und zweifeln, hilft zu wissen, dass manche Wege leichter werden, wenn man erst einmal angefangen hat, sie zu beschreiten.
Mut erforderte es sicher auch, Demos, die teilweise 20 Jahre und mehr auf dem Buckel haben, herauszukramen und so lange daran herumzufrickeln, bis letztlich ein Album daraus geworden ist. Schließlich schwebt da auch immer die Sorge mit: Wer möchte das (heute noch) hören? Wie kommt es an? Vor allem, wenn man sich mit Bands wie Seabound eine Fanbase geschaffen hat, die neuen Veröffentlichungen gegenüber eine gewisse Erwartung an den Tag legt? „Lionhearts“ ist das Musik gewordene Beispiel dafür, dass es sich lohnt, gegen Ängste anzukämpfen. Sich etwas zu trauen.
Die thematische Inspiration für dieses Album lieferte laut Frank M. Spinath der Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ des russischen Komponisten Modest Mussorgski, dem „Lionhearts“ auch gewidmet ist. Dieses Opus mit dem Beisatz „Erinnerungen an Viktor Hartmann“ stammt aus dem Jahre 1874, wird landläufig als Musterbeispiel der sogenannten Programmmusik angesehen und wurde von Mussorgski zu Ehren seines im Vorjahr verstorbenen Freundes geschrieben.
Die Eigenart der Programmmusik ist es, dass sie für gewöhnlich ausschließlich instrumental einem außermusikalischen Programm folgt, welches bei Hörenden bestimmte Vorstellungen von Geschichten oder Bildern schaffen soll. Das heißt: Mussorgski hatte auf einer Gedächtnisausstellung Bilder Hartmanns gesehen und die im Zyklus enthaltenen Sätze beschrieben musikalisch die Gemälde und Zeichnungen von ebendiesem. Oder anders: Der eine malt mit Musik, was der andere mit Pinsel und Farbe festgehalten hat. So finden sich auf Mussorgskis Werk Titel wie „Das alte Schloss“, „Die Tuilerien (Spielende Kinder im Streit)“ oder „Ballett der Küchlein (=Küken) in ihren Eierschalen“, die durch Musik das auf den Bildern zu Sehende wiedergeben möchten.
Kurz gesagt erzählt Programmmusik also Geschichten mit Musik – ein Ansatz, der in Zeiten der Filmmusik nicht unbedingt innovativ scheint, aber im 19. Jahrhundert ein Novum war.
Doch war Mussorgskis Werk letztlich nur indirekt der Ideengeber, die Initialzündung erfolgte schon wesentlich früher. Lange schon, bevor noch an ein Album wie dieses überhaupt zu denken war. Wie Frank mir am Telefon erzählte, war jener Klavierzyklus für ihn Thema im Musikunterricht der fünften oder sechsten Klasse. Dabei wurden ihm neben dem Original auch Bearbeitungen des Stoffes von Emerson, Lake & Palmer vorgesetzt, die daraus eine rockige Version machten, sowie die des japanischen Synthesizer-Künstlers Isao Tomita, der die „Bilder eine Ausstellung“ elektronisch färbte. Es ist nicht schwer zu erraten, welche Version auf den jungen Frank seinerzeit den größten Eindruck hinterlassen hatte, oder?
Während das Album im Laufe der letzten vier Jahre bewusst und aktiv zu dem heranreifte, was wir nun vorliegen haben, kam Frank jener besagte Mussorgski wieder in den Sinn. Es ist also ein wenig so, als hätte die unbewusste „Inception“ zu diesem Album schon damals zu Schulzeiten stattgefunden.
In gewisser Weise haben wir es im Falle von „Lionhearts“ mit einer Art moderner Form der Programmmusik zu tun. Wenn auch nicht ausschließlich instrumental, so beschreiben doch auch hier die 12 Songs Bilder. Text und Ton ergeben eine Einheit, welche die Hörerschaft, ähnlich wie in Mussorgskis Klavierzyklus von einer Szene, einer Geschichte oder einem Bildnis zum nächsten leiten. 12 Stücke umfasst „Lionhearts“. Drei davon gleichen mit einer Spielzeit von mitunter nur wenig mehr als einer Minute einer Art Interludium, das Hörende auf das nachfolgende Stück vorbereiten soll – während das zuvor „gezeigte Bild“ noch im Kopf präsent ist. Frank dazu in eigenen Worten: „Für das Album hatte ich früh ein Konzept in Anlehnung an Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ vor Augen. In diesem Werk aus dem Jahr 1874 beschreiben die einzelnen Sätze Gemälde und Zeichnungen, und die musikalischen Übergänge reflektieren die vergangenen und kommenden bildhaften Eindrücke im Betrachter.“
Aus diesem Grund liegt das Album übrigens auch als kontinuierlicher Mix vor. Eher als Bonus ist es zu betrachten, dass sich noch eine zweite CD im Lieferumfang befindet, auf der die 12 Stücke ohne Übergänge einzeln anwählbar sind. Das Problem dabei: Es funktioniert nicht. „Lionhearts“ ist ein Gesamtkunstwerk, das in Gänze gehört werden will und sollte. Von Anfang bis Ende. Einzelne Stücke aus dem Kontext herauszupicken, um sie in anderem Rahmen zu hören, macht die ganz eigenwillige Stimmung der Songs mehr oder weniger zunichte. „Lionhearts“ funktioniert am Stück einfach am besten. Zumal sich Frank und sein musikalischer Partner in diesem Fall, Hecq (der im wahren Leben Ben Lukas Boysen heißt und als einer der genialsten Klangtüftler unter der Sonne gilt), hinsichtlich der Dramaturgie sowie des musikalischen Spannungsbogens sicherlich oft, lange und viele Gedanken gemacht haben dürften.
Wie bereits erwähnt: Grundlage für „Lionhearts“ waren insgesamt um die 50 Demos, die Frank im Laufe der Zeit angesammelt hat, die jedoch nie bei einem seiner zahlreichen Projekte Verwendung gefunden hatten. Aus welchen Gründen auch immer. Noch vor der Veröffentlichung des ersten Seabound-Albums „No Sleep Demon“ (2001) schuf Frank seinen letzten komplett selbst produzierten Song. Auf diesen komme ich später noch einmal zu sprechen, er erfährt auf „Lionhearts“ schließlich seine Wiederbelebung. Durch Remixe, die Hecq für Seabound oder Ghost & Writer gemacht hatte, lernten sich die beiden kennen. Franks Aussage nach war es auch Hecq, der in ihm die Idee aufkeimen ließ, diese Songs in einem eigenen Werk – fernab der üblichen, bekannten Projekte und Gastspiele, an denen Frank sonst beteiligt ist – reifen und gedeihen zu lassen und eines Tages zu veröffentlichen.
Geboren wurde diese Idee bereits vor etwa vier Jahren, seitdem arbeiteten die beiden Herren immer mal wieder daran, oft in Hecqs Studio in Berlin. Gut Ding will ja bekanntlich Weile haben. Ungeachtet etwaiger gemeinsamer Klimpereien in Berlin, friemelte Frank in den vergangenen Jahren zum Teil um instrumentale Hecq-Demos herum, dieser hingegen schuf Klanglandschaften auf der Basis einzelner Gesangsideen.
Das Ergebnis ist ein Album geworden, dass in seinem Bereich guten Gewissens als DIE Sensation des Jahres 2017 gefeiert werden darf. Dass der Name Frank M. Spinath gleichwohl auch ein Synonym für hochwertige Elektro-Kost mit intelligenten Texten ist, hat sich inzwischen ja herumgesprochen. Ganz gleich, ob nun bei bzw. mit Seabound, Edge of Dawn, Ghost & Writer oder aber als Gastsänger und -texter für andere Projekte wie zuletzt bei Seadrake oder Liquid Newt – stets konnte man sich darauf verlassen, dass die Songs, an denen der Mann beteiligt ist, von so hoher Güte sein werden, dass sie die Konkurrenz weit abgeschlagen im Mittelfeld zurücklassen. Und nun also ein ganzes Album, wo er sich nicht einem bestimmten Thema, einem Konzept oder einem Gefüge unterordnen braucht? Oh ja, man darf gespannt sein, was da aus den Boxen tönt! Zumindest so viel kann an dieser Stelle festgehalten werden: Frank wechselt nicht spontan das Genre und macht jetzt auf Gitarre. Es bleibt nach wie vor düsterelektronisch. Ich möchte aber so weit gehen und Frank bescheinigen, mit Hecq den perfekten Partner für seine musikalischen Ideen gefunden zu haben. Besser als je zuvor. Das, was Euch in Form von „Lionhearts“ erwartet, ist nicht weniger als die Wucht in Tüten!
Würdet Ihr Frank in Anlehnung an Mussorgski dazu befragen, was denn das Thema der Ausstellung „Lionhearts“ sei, würde er Euch antworten: Endzeit. Nicht jedoch im Sinne apokalyptischer Weltuntergangsszenarien. Das wäre auch etwas zu plump. Stattdessen ist Dreh- und Angelpunkt dieser Ausstellung die individuelle Endlichkeit. Und auch wenn das Leben als solches eine ziemlich flüchtige und vorübergehende Einrichtung ist, so sind die auf diesem Album beschriebenen Bilder nicht ausschließlich der Vergänglichkeit des Menschen gewidmet.
Den Auftakt macht das Instrumentalstück „Flashback“ und schon hier wird deutlich, dass „Lionhearts“ inhaltlich und musikalisch nicht im Hinblick auf Gute-Laune-Optimierung geschaffen wurden. Die etwas mehr als anderthalb Minuten lassen mich an einen dystopischen Science-Fiction-Film denken.
Es folgt: „The Ardent City“, das erste und gleichzeitig sehr eindrucksvolle Beispiel davon, auf welch fruchtbaren Boden die Zusammenarbeit von Spinath und Hecq gefallen sein muss. So eine unheimlich schöne, sehr stimmungsvolle und verspielte Elektro-Ballade – nach meinem Dafürhalten eine der schönsten, die je das Haus Spinath bisher verlassen haben. Atmosphärisch, tiefenentspannt – und so traurig. Franks Aussage nach geht es in diesem Stück um zwei Liebende, die nicht füreinander bestimmt sind. Always forward / Facing the Past / We give up / What we ought to protect / We’ll never be / Where we belong / Not you, not me, heißt es dort. Sehnsucht und Verlangen spiegeln sich in der feingliedrigen elektronischen Musik wider, und das Gefühl, um etwas zu kämpfen, wohl wissend, dass der Kampf aussichtslos ist, schwingt andauernd mit. Ich bin mir sicher, wir alle kennen diese Situation, in der man unbedingt um eine Liebe kämpft, in der Gewissheit, dass weder Zeit noch Ort noch äußere Umstände ein gemeinsames Glück erlauben.
Romeo & Julia kommen mir in diesem Zusammenhang gerade in den Sinn, oder Maria und Tony aus West Side Story. Oder, aktueller, Rhinestone und Diamond Shine aus „Walk with Scars“. Und doch verbirgt sich in der Dunkelheit immer auch ein leichtes Glimmen. Frank: „Vielleicht springt ja trotz allem wenigstens ein schöner Abend dabei raus?“ Viel Zeit zum Sinnieren bleibt nicht, ziemlich schnell geleitet das folgende Instrumentalstück „Abandon“ die Hörenden weiter zum nächsten musikalischen Bild.
„Gone“. Hier haben ganz eindeutig Nine Inch Nails Pate gestanden. Das verlorene, melancholische Klavier, die elektronischen Frickeleien, Franks mitunter aggressive Art zu singen, dieses Getappe, das dem Motion-Tracker aus den „Alien“-Filmen entsprungen zu sein scheint, die wummernden, tiefen Bässe, das Geknarze – all das erzeugt eine ganz unbequeme Stimmung. I don’t expect to see you again / I don’t regret not to see you again / I can live without you, singt Frank hier. Wenn Ihr mal von jemandem sitzen gelassen werdet und vor den Scherben einer zerbrochenen Beziehung steht – „Gone“ hilft sicher bei der Bewältigung. Frank erzählte mir am Telefon, dass diese Nummer als erste Demo bereits um 2000 herum entstanden ist. In der Zeit war die Band um Trent Reznor mit den Veröffentlichungen von „The Downward Spiral“ und „The Fragile“ auf dem, was viele Fans heute wohl als den Höhepunkt ihrer Karriere betrachten würden. Daher ist es nicht so ganz überraschend, dass Frank, der seinerzeit auch großer Fan der Band gewesen ist, sich dem musikalisch anzunähern versuchte. Wie gut das in der ursprünglichen Demo geklappt hat, weiß ich nicht. Heute würde ich sagen: Mission erfolgreich.
Wir sprachen über Endzeit, über Vergänglichkeit. In diesem Kontext ragt „Cloud“ besonders hervor. Nicht nur, weil es kalt, mechanisch, minimalistisch und gänzlich ungewohnt aus den Boxen tönt, sondern auch weil thematischer Inhalt der letzte Kampf eines sterbenden Boxers ist. Um welchen Boxer es sich dabei handelt, ist nicht klar. Möglicherweise handelt es sich dabei um einen Boxer aus den 1920ern. In jenem Jahrzehnt sind mehr als 200 Boxkämpfer im Ring oder unmittelbar nach Verlassen desselben gestorben, mehr als je in einem Jahrzehnt zuvor oder danach. Es sind im Laufe der Jahrzehnte entschieden zu viele Leute infolge dieses gefährlichen Sports dem Schnitter über die Klinge gesprungen – vielleicht auch, weil sie vor ihrem letzten Kampf schon mit gesundheitlichen Problemen zu tun hatten.
Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es Manager, Buchhalter oder Ganoven gegeben haben, dem der Verblichene gewünscht haben wird: I’m in my cloud / Knocking you out / Have headache / On me. „Cloud“ spielt mit dem Wechsel der Perspektiven. Mal wird man als Hörer*in zur boxenden Person, mal zu Beobachtenden in der Lounge. Bei „Cloud“ entstanden zunächst Text und Vocals, der kalte musikalische Rahmen jedoch wurde später mit Hecq geschaffen. Von allen Songs, die Frank jemals gemacht hat, ist dies definitiv der ungewöhnlichste. Und nicht nur ich werde wohl überrascht die Ohren gerieben haben.
Mit einer Spielzeit von knapp 3 Minuten und 20 Sekunden ist „Kite“ das längste instrumentale Zwischenstück und bildet den Übergang zu dem wirklich unbequemen Part dieses Werks. Im zweiten Teil von „Lionhearts“ wird es musikalisch und inhaltlich wirklich finster. Aber wie bereits erwähnt: Gute-Laune-Maximierung war ganz offenbar nicht das Anliegen, als dieses Opus geschaffen wurde.
Wenn sich ein Album dem Thema individueller Endlichkeit widmet, dann liegt es auf der Hand, dass auch ein durch Dritte herbei gefügtes Ende Bestandteil dieses musikalischen Schaukastens ist. „Murder“ beschäftigt sich mit dem US-amerikanischen Serienmörder Edmund »Ed« Emil Kemper (III.), der als Co-Ed-Killer zu schrecklicher Bekanntheit gelangte. Kemper, 1948 geboren, ist ein wirklich furchterregender Zeitgenosse, das kann ich Euch sagen!
Er stammt aus einer zerrütteten Familie und entwickelte schon früh grausame sexuelle und gewalttätige Fantasien, die er zunächst an Tieren auslebte. Noch im Alter von 15 Jahren jedoch wurde aus seinen Fantasien brutale Realität, als er seiner Großmutter von hinten in den Kopf geschossen und anschließend mehrfach mit einem Messer auf sie eingestochen hatte. Wie er später zu Protokoll gab, passierte das einfach, weil er wissen wollte, wie es sich anfühle, seine Großmutter zu erschießen. Es folgte ein Aufenthalt in einer Hochsicherheitsbesserungsanstalt, aus der er vorzeitig entlassen wurde. Kemper heuerte später bei der Highway Patrol an, doch noch während seines Aufenthalts in der Psychiatrie entwickelte er detaillierte Pläne für die Ermordung von Menschen und dem anschließenden Verstecken der Leichen.
Anfang 1972 tötete Kemper dann erneut und startete damit eine Serie von Morden, die immer nach ähnlichem Muster abliefen. Junge, hübsche Anhalterinnen waren seine Opfer, die Kemper zunächst ermordete, sich anschließend an ihnen verging, danach zerstückelte und die Leichenteile irgendwo vergrub. Nach der Tötung seiner Mutter in der Nacht des Karsamstags 1973, die er mit dem Hammer erschlug, stellte sich Kemper der Polizei und verbringt nun wegen achtfachen Mordes eine lebenslange Haftstrafe im Gefängnis von Vacaville.
Kemper, der mit einem gemessenen IQ von 145 als hochbegabt betrachtet werden muss, entwickelte sich zu einem beliebten Forschungsobjekt der forensischen Psychiatrie und Kriminologie, wohl nicht zuletzt, weil er über seine Taten sehr auskunftsfreudig war/ist und sie nicht zu legitimieren versucht. Wie ein offensichtlich hochfunktionales Gehirn zu solchen Taten imstande ist, das zu verstehen ist Teil der Faszination, die dieses Thema schon damals auf Frank ausübte. Das und der Umstand, dass diese Massenmörder eher ein amerikanisches Phänomen sind, auch wenn es natürlich auch in Europa zu solchen Taten kommt. Und doch, sagt Frank, ist das irgendwie eine andere Dimension. Ich denke ja manchmal, manche Menschen werden einfach böse geboren, es braucht nur eine Initialzündung, damit ein mörderischer Trieb zutage tritt.
Dieser Kemper nun also ist Gegenstand von „Murder“, inhaltlich wohl damit eines der schauderhaftesten Bilder dieser Ausstellung. In der Düsterszene ist es so selten ja nicht, dass musikalisch das Handeln von Serienmördern aufgearbeitet wird. Spontan kommt mir Suicide Commandos „Bind, Torture, Kill“, das sich mit den Taten des BTK-Mörders Dennis Rader auseinandersetzte, in den Sinn. Mit wummerndem Krachmann-Elektro hat „Murder“ freilich wenig zu tun. Das wäre auch definitiv nicht Spinaths Stil, wenn auch das Album musikalisch so manche Überraschung parat hält.
Garniert mit Sprachsamples, in denen Kemper selbst auch zu hören ist, entwickelt sich „Murder“ zu einer erstaunlich feingliedrigen, ja beinahe schon feinfühligen Electro-Nummer, die eingängiger ist, als den Hörenden vielleicht lieb sein kann. Und doch scheint es, als sei Spinath, im wirklichen Leben Psychologieprofessor, der sich mit dem gründlichen Kennenlernen der Merkmale einer Person beschäftigt, hier ebenfalls eine Art Profiler, der den Fall Kemper untersucht. Seine Motivation zu ergründen versucht, vielleicht verstehen möchte, warum sich ein Mensch, der in beschissenen familiären Verhältnissen aufwächst, zum Mörder entwickelt. Kemper ist ja schließlich nicht der Einzige, dem es so erging und ergeht, aber nicht jedes Opfer zerrütteter Familienverhältnisse wird deshalb zum Mörder. Bist du verantwortlich? Sind wir verantwortlich? Fühlst du dich verantwortlich? Fragen, die hier gestellt werden und auf die es keine Antwort gibt. Jedenfalls nicht auf „Lionhearts“. Do you feel responsible / Or who would you blame / For distrust and for fear / For all the pain, bleibt ebenfalls unbeantwortet. Aber so ist das beim Betrachten von Bildern: Die Fragen können aufgeworfen werden, aber niemals zu einer definitiven Antwort führen.
In einem Artikel des Magazins Focus über Spinaths Zwillingsforschung steht die Frage: „Ist die menschliche Persönlichkeit genetisch vorbestimmt oder wird sie durch die Umwelt geprägt?“ – damals hieß es, dies sei der rote Faden, der sich durch seine berufliche Karriere zöge. Kein Wunder, dass dieses Motiv hier wieder anklingt. Manch einer wird vielleicht wirklich böse geboren. Or who would you blame? Zur Musik selbst: es gab „Murder“ schon einmal auf der allerersten Seabound-Demo, „Die Blaue“ von 1996. Wer Seabounds „Everything“-Box sein Eigen nennt, kann ja mal vergleichen, wie sehr der Song in den letzten 20 Jahren gereift ist. „Murder“ ist einen weiten Weg gegangen, das kann ich Euch sagen! Gefragt, warum es denn ausgerechnet „Murder“ war, das von der „Blauen“ hinübergerettet wurde, war Franks Antwort erstaunlich profan: Er mag den Song auch heute noch sehr gern und wollte ihn immer mal professionell umgesetzt erleben. Mit vernünftigen Bässen und allem Drum und Dran.
Es folgt die Überleitung „Hint“. Sie verschafft eine kurze Verschnaufpause von dem eben Wahrgenommen, jedoch: Der atmosphärische Frieden ist trügerisch. Das schnelle und von beinahe zerbrochenen Beats durchzogene „Threat“ macht die Gefahr, die von Leuten wie Kemper ausgeht, ganz plötzlich wieder lebendig. Dass der Ich-Erzähler dieses zerfrickelten Songs erklärt,I like them just a little paranoid und später I will break your pride, trägt nicht zum Wohlbefinden bei. Es ist beinahe so, als sei dieser Song, dieses Bild dieser Ausstellung, ein Blick direkt in den Kopf eines Psychopathen.
Eines Typen wie Kemper eben, und Spinaths Text und Vortragsweise sowie die unbequeme Musik zwängen uns direkt hinein in einen kranken Verstand. Unbarmherzig bekommen wir dessen Brille aufgesetzt. Wegschauen würde nicht funktionieren. Aber machen wir uns nichts vor: Der Mensch schaut nicht weg. Stattdessen zelebriert er bisweilen die Lust am Voyeurismus, das Leid anderer betreffend. Oder warum wohl erfreuen sich Horrorfilme, in denen die Protagonisten ein ums andere Mal auf möglichst grausame Weise aus dem Leben gerissen werden, solcher Popularität? Warum fasziniert uns die Geschichte von Serienmördern und Gewalttätern so? Bundy, Manson, Rader, Haarmann – die Liste ist lang, die Liste der Medien, die sich damit befassen, noch länger. Scheinbar ist das tief in unserer Natur verwurzelt.
Musikalisch flotter und mich etwas an Edge Of Dawn erinnernd geht es in „To What I Don’t Know“ zu. Tatsächlich war diese Nummer aber mal für Ghost & Writer vorgesehen, fand jedoch nie den Weg auf eine Veröffentlichung. Im Endeffekt vielleicht auch gar nicht mal so verkehrt, schließlich hätte sie in den musikalischen Kontext bisheriger G&W-Veröffentlichungen auch nicht so richtig hineingepasst. Die knackigen, erneut frickeligen Beats werden ganz sanft von hintergründigen (Streicher-)Melodieflächen überlagert, die beinahe so etwas wie Wärme versprühen, während der Text inhaltliche Fragmente aller Motive dieses Albums vereint und sich dem Leitmotiv, der individuellen Endlichkeit, unterordnet. Tired of breathing, sick and tired of fading away. Ich denke kurz wieder an den sterbenden Boxer, der in „Cloud“ thematisiert wurde.
Und nun wird es noch einmal richtig dunkel, musikalisch wie inhaltlich. „No Going Back“ schlägt ruhige Töne an und befasst sich dem Anschein nach mit dem Ende einer Beziehung. Doch auch hier ist es eine Medaille, die zwei Seiten hat. Disbelief / Anger and Grief / Pain and Despair / On a fast lane to Nowhere heißt es hier. Tatsächlich denke ich aber irgendwie mehr an die fünf Phasen des Sterbens (Nicht-wahrhaben-Wollen, Zorn und Ärger, Verhandeln, Depression, Zustimmung), wie sie die amerikanische Ärztin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross 1969 definierte. Das schlichte Ende einer Beziehung hatten wir schließlich auch schon früher auf diesem Album, wenn auch die Stufen, die man beim Ende einer (langjährigen) Beziehung durchlebt, ähnlich gelagert sind.
Dazu passt auch das finale Stück „In The Sand“. Here’s where your traces end, singt Frank in diesem atmosphärisch so wahnsinnig dichten Stück. Geräusche, die wie aus alten Filmrollen klingen, knacksen sich über die weiten Synthie-Flächen. Und dann, ganz zum Ende hin, hören wir ein Geräusch, das so tönt wie Erde, die auf einen Sarg geschaufelt wird, während der Regen niederprasselt. Es hat was von Björks „Aurora“ auf „b“ und dem dort zu hörenden Gestapfe im Schnee. Zunächst wie aus weiter Ferne erklingend, wird das Geräusch immer deutlicher – bis es so markant geworden ist, dass der Eindruck entsteht, man würde es aus dem Inneren eines Sargs wahrnehmen. Ganz plötzlich wieder zu Bewusstsein gekommen und erkennend, dass es keinen Ausweg mehr gibt … Deine Spuren enden hier.
„Lionhearts“ ist in gewisser Weise ein Album der Superlative. So sehr wie ich „The Ardent City“ für eines der schönsten Lieder halte, die je Frank Spinaths kreativem Geist entsprungen sind, genauso empfinde ich „In The Sand“ als das schaurigste. Ich habe den Song in Vorbereitung auf diesen Artikel hier inzwischen wirklich oft gehört und noch immer jagt er mir eisige Schauer über den Rücken. Noch immer ist es so, dass ich, sobald die letzten Töne, das letzte Schaufeln des Sands, verklungen sind, einen Moment innehalten und das Gehörte sacken lassen muss. Puh, was für ein Trip!
Seit vielen Jahren schon verfolge ich sehr aufmerksam, was Frank musikalisch so treibt. Schließlich ist Seabound die Band, die mich über all die Jahre nach wie vor musikalisch und inhaltlich am meisten abholt und berührt. Bei dem Namen dieses Blogs vermutlich auch eher wenig überraschend. Und oft genug denke ich, der Mann schreibt aus meinem Gedankentagebuch ab. Was natürlich Blödsinn ist, da wir uns persönlich kaum kennen. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dann und wann ein neues Album von einem seiner Projekte in die Finger zu kriegen bzw. sein Mitwirken bei einem anderen Projekt zu erleben, so wie zuletzt bei Seadrake oder Liquid Newt. Und dann kommt er mit „Lionhearts“ um die Ecke – und überrascht mich über alle Maßen!
Dieses Album ist so wunderbar dunkel, so facettenreich, dass ich noch immer ziemlich aktiv mit Staunen beschäftigt bin. Es funkeln natürlich immer wieder die Themen seines bisherigen Schaffens durch und, na klar, hört man hier und da Seabound oder Edge Of Dawn usw. heraus. Und doch steckt so viel Neues, so viel Unerwartetes in diesem Album! Auch wenn die Grundlagen um die 50 Demos waren, die in Franks Archiv schlummer(te)n, so ist doch nicht alles neu aufgesetzt. Es gibt durchaus auch Stücke, die eigens für „Lionhearts“ geschrieben wurden. „The Ardent City“ zum Beispiel oder „In The Sand“, was die Sache nur noch runder macht. Freund*innen dunkler, elektronischer Musik, die keinen gesteigerten Wert auf Kirmestechno und bis zur stimmlichen Unkenntlichkeit verzerrte Vocals legen, sondern für vielschichtige, feingeistige Musik zu begeistern sind und sich obendrein noch für Inhalte begeistern können, die ernsthaft, düster und jenseits gängiger (Szene-)Klischees rangieren, sei gesagt: musikalisch kann 2017 jetzt aus, besser wird es nicht!
Frank sagt über „Lionhearts“, es sei sein bisher persönlichstes Werk. Warum? Weil er hier nach vielen Jahren wieder komplett in die Entstehung der Songs eingebunden war. In alle Aspekte, die damit zusammenhängen. Da bei seinen anderen Projekten inzwischen eine so strikte Arbeitsteilung herrscht, dass er mit der Musik selbst kaum noch etwas zu tun hat, ist dies so ein bisschen wie ein willkommener Ausbruch aus dem gewohnten Trott.
Er erzählte mir, dieses Album reifen zu sehen, zu beobachten, wie es Stück für Stück Gestalt annimmt und es nun der Welt zu präsentieren, ist ungefähr vergleichbar damit, die Geburt und das Aufwachsen eines Kindes mitzuerleben. Die Begeisterung für sein Tun, die Hingabe und die Leidenschaft, die er „Lionhearts“ hat angedeihen lassen, ist in jeder Sekunde, in jedem einzelnen Ton hör- und spürbar. Noch dazu ist die Zusammenarbeit mit Hecq das Beste, was seinen Songs bisher passiert ist. Und das sage ich, ohne damit Franks andere Projekte in irgendeiner Form herabwürdigen zu wollen. Hier hat sich einfach zusammengefunden, was zusammengehört. Und somit ist „Lionhearts“ nicht nur Franks beste Arbeit bisher, sondern überdies auch (mein) Album des Jahres!
Seabound, Edge Of Dawn, Ghost & Writer, countless guest appearances on other projects—Frank M. Spinath clearly has no shortage of musical outlets. Well, that’s only half the truth. Ever since Seabound’s 2004 album Beyond Flatline, Frank’s contributions have mostly been limited to lyrics and vocals. Creating the actual music—being hands-on with every part of the songwriting process—that’s something he hadn’t done in many, many years. And yet, over time, he amassed a treasure trove of demos, musical sketches, and lyrical fragments that now demand to be heard. Frank answers the call with his latest project: Lionhearts. That’s also the name of the album I want to talk about here. For this, Frank was supported by Hecq, who also handled production. In some ways, this album has been 20 years in the making. So there’s plenty to unpack. Let’s begin.
Why Lionhearts? The question practically screamed at me—because the name doesn’t seem to match the sound coming out of the speakers at all. That’s why it was also the first thing I asked Frank when we chatted on the phone recently about the album. He told me the inspiration came from Astrid Lindgren’s classic children’s novel The Brothers Lionheart.
But contrary to the book, his focus wasn’t specifically on death or the concept of dying. Instead, it was about finding courage—courage to face difficult decisions, complicated paths, seemingly hopeless situations. As Frank explained, he had to learn that himself over time: to stop worrying so much about what might happen, to not be afraid of every little thing—and instead, just go for it. Take a risk.
Today, Professor Dr. Frank M. Spinath is a man who has truly made something of himself. And it’s easy to imagine that his story might help others—people who also find themselves standing on the edge of a decision, hesitating—to realize that some paths become easier the moment you take the first step.
Reaching into a vault of 20-year-old demos and tweaking them into full songs surely required some courage, too. There’s always that nagging doubt: Who’s going to want to hear this now? Especially when your existing fanbase—thanks to bands like Seabound—has certain expectations. Lionhearts is living proof that it’s worth fighting your fears. That it’s worth taking a leap.
The thematic inspiration for this album, Frank told me, was the piano suite Pictures at an Exhibition by Russian composer Modest Mussorgsky. The album is even dedicated to him. Mussorgsky’s 1874 suite—subtitled In Memory of Viktor Hartmann—is considered a textbook example of so-called "program music." He composed it in tribute to a deceased friend.
Program music aims to tell stories with sound. It’s usually instrumental and designed to create vivid mental images or narratives. Mussorgsky had attended a posthumous exhibition of Hartmann’s work, and each piece of the suite was meant to musically portray one of the displayed artworks. One artist paints with sound what the other painted with a brush. The suite includes titles like The Old Castle, The Tuileries (Children Quarreling at Play), and Ballet of the Unhatched Chicks—each evoking the visual scenes through music alone.
So yes, program music tells stories through music—an approach that might not feel groundbreaking today in the age of film scores, but back in the 19th century, it was something new.
And Mussorgsky’s work was only an indirect inspiration. The real spark came even earlier. Frank told me the suite came up in his fifth or sixth grade music class. Alongside the original version, he was also introduced to adaptations—like the rock version by Emerson, Lake & Palmer, and the electronic one by Japanese synthesizer wizard Isao Tomita. I’ll let you guess which version left the biggest impression on young Frank.
Over the past four years, as Lionhearts slowly and deliberately came into being, that memory resurfaced. It’s as if the subconscious "inception" for this album happened all the way back in school.
In that sense, Lionhearts could be considered a modern take on program music. While not purely instrumental, the twelve songs still depict images. Words and music form a unity, guiding listeners—just like Mussorgsky’s suite—from one scene, one story, one painting to the next.
Three of the tracks serve as interludes, each just over a minute long, meant to act as transitions while the imagery from the previous piece still lingers. Frank put it this way: “From early on, I had a concept for the album, inspired by Mussorgsky’s Pictures at an Exhibition. In that 1874 work, each movement reflects a painting or drawing, and the musical transitions echo the lingering impressions in the viewer’s mind.”
That’s why the album is also presented as a continuous mix. Technically, it includes a second CD where the tracks can be selected individually—but honestly? That format just doesn’t work. Lionhearts is a cohesive piece of art. It has to be experienced from beginning to end. Picking out individual tracks for playlists or mood music loses the deeply emotional impact. Frank and his musical partner Hecq (real name Ben Lukas Boysen, considered one of the most gifted sound designers out there) clearly thought long and hard about the album’s pacing and structure.
Frank’s archive held around 50 demos that had never made it onto any of his many projects. Why not? Who knows. Before Seabound’s first release No Sleep Demon (2001), Frank had already composed his last fully self-produced song. (We’ll come back to that—it’s reborn on Lionhearts.)
He got to know Hecq through remixes he had done for Seabound and Ghost & Writer. According to Frank, it was Hecq who planted the idea to revisit and reshape those old ideas into a self-contained work, outside the expectations of his usual projects.
That idea was born about four years ago, and ever since, the two worked on it off and on—often in Hecq’s Berlin studio. Frank would sometimes rework Hecq’s instrumental demos, while Hecq crafted sonic landscapes around Frank’s vocal sketches.
The result? An album that absolutely deserves to be called the dark electronic music sensation of 2017. Frank M. Spinath has long been known for intelligent lyrics paired with high-caliber electronic sound design. Be it Seabound, Edge of Dawn, Ghost & Writer, or guest spots for projects like Seadrake or Liquid Newt—you could always count on anything with Frank’s name on it to be head and shoulders above the rest.
And now? A full album, finally free from the constraints of any particular band, concept, or structure? Oh yes—you will want to hear this. Rest assured: Frank hasn’t gone full acoustic or picked up a guitar. This is still dark, electronic, sophisticated. And I’ll go out on a limb and say this: Frank has never had a more perfect creative partner than Hecq. What you’ll find in Lionhearts is pure brilliance, bottled.
Ask Frank, in the spirit of Mussorgsky, what the overarching theme of Lionhearts is, and he’ll say: Finality. Not in the sense of apocalyptic doom or end-of-the-world clichés. That would be too easy. Instead, it’s about individual mortality.
Even though life is fragile and fleeting, the “pictures” on this album don’t deal solely with death.
They also explore the choices, emotions, and memories that define our human experience along the way.
The album begins with the instrumental track “Flashback,” and right away it’s clear that Lionhearts isn’t here to boost your mood. Clocking in at just over a minute and a half, the piece instantly evokes images of a dystopian sci-fi film.
Next up is “The Ardent City,” the first full song—and an incredibly strong showcase of what happens when Spinath and Hecq collaborate. A stunning, atmospheric, and intricate electronic ballad—easily one of the most beautiful tracks ever to come out of the Spinath universe. It’s moody, lush, and achingly sad.
Frank told me this track is about two lovers who were never meant to be.
Always forward / Facing the past / We give up / What we ought to protect / We’ll never be / Where we belong / Not you, not me
Longing and desire ripple through the delicate electronic textures, constantly carrying the feeling of fighting for something you know is lost. We’ve all been there—trying to hold onto love even when the timing, the place, or the world just won’t allow it. It brings to mind Romeo & Juliet, or Maria and Tony from West Side Story. Or, more recently, Rhinestone and Diamond Shine from Walk with Scars.
And yet, Frank adds with a bittersweet laugh, “Maybe you still end up with at least one beautiful night together?”
Before there’s too much time to reflect, the next instrumental—“Abandon”—leads the listener toward the next sonic painting.
Then comes “Gone.” And here, the fingerprints of Nine Inch Nails are unmistakable. The melancholic piano, the glitchy electronic textures, Frank’s sometimes aggressive vocal delivery, the clicking pulse reminiscent of the motion tracker from Aliens, the deep bass, the scraping, metallic atmospheres—all combine to create a deeply unsettling mood.
I don’t expect to see you again / I don’t regret not to see you again / I can live without you
If you’ve ever been abandoned or left staring at the wreckage of a broken relationship—“Gone” will help you process. Frank told me this was one of the earliest demos, dating back to around 2000. At the time, Nine Inch Nails were riding high with The Downward Spiral and The Fragile—both of which had a major influence on him. Whether or not that early demo captured the vibe is unknown—but what we hear now? Mission accomplished.
We’ve been talking about finality and decay. And in that context, “Cloud” stands out in particular. Not just because it sounds cold, mechanical, and minimal in a way that’s totally different from the rest of the album, but because it tells the story of a dying boxer’s last fight. Which boxer? That’s unclear. It might be someone from the 1920s—a decade in which more than 200 fighters died in the ring or shortly after stepping out of it. The highest death toll of any era in boxing history.
It’s a brutal sport. Many of those fighters likely entered the ring already carrying health issues. And undoubtedly, there were managers, bookies, or gangsters the dying man would’ve wanted to knock out:
I’m in my cloud / Knocking you out / Have headache / On me
“Cloud” plays with perspective. At times you’re the one fighting; at others, a bystander watching from a smoky lounge. The lyrics and vocals came first; the icy musical backdrop was created later with Hecq. Of all the songs Frank’s ever made, this is probably the most unusual. And I’m not the only one who probably rubbed their ears in surprise.
Next is “Kite,” the longest of the instrumental interludes at just over three minutes. It serves as a bridge into the album’s darkest territory. The second half of Lionhearts is where things get truly bleak—both musically and thematically. But then again, it was never about maximizing good vibes.
If you’re going to create an album about individual mortality, then of course there has to be a depiction of death inflicted by others. “Murder” takes on the chilling subject of American serial killer Edmund "Ed" Kemper III, also known as the Co-Ed Killer.
Born in 1948, Kemper is a terrifying figure, to say the least. He grew up in a broken home, developed violent and sadistic fantasies early on, and acted on them first with animals. By 15, he’d shot his grandmother in the back of the head and stabbed her multiple times—just to see what it felt like.
He spent time in a high-security youth institution, was released early, and later joined the Highway Patrol.
Even while institutionalized, he had already begun planning his next murders.
In 1972, Kemper struck again. He began targeting young female hitchhikers—killing, violating, dismembering them, and hiding their remains. On the night before Easter 1973, he killed his own mother with a hammer, then turned himself in. He’s now serving eight life sentences in Vacaville prison.
With an IQ of 145, Kemper is considered highly intelligent. His willingness to openly discuss his crimes has made him a key figure in forensic psychology and criminology. How can such a high-functioning brain commit such atrocities? That’s the kind of dark fascination that had already drawn Frank in years ago.
Not to glorify the horror—but to explore the why. Kemper’s case feels particularly American, even though Europe has certainly had its share of serial killers too. Frank muses that maybe some people are simply born evil—and all it takes is the right trigger for that darkness to emerge.
So yes, Kemper is the central figure of “Murder”—arguably the most disturbing image in this exhibition.
In the darker corners of the electronic music world, it’s not unusual to find songs that explore the psychology of serial killers. Suicide Commando’s “Bind, Torture, Kill” (about the BTK killer, Dennis Rader) comes to mind. But “Murder” doesn’t go the pounding industrial route. That wouldn’t suit Spinath’s style—though the album does contain a few sonic surprises.
Laced with spoken word samples—some of them directly from Kemper himself—“Murder” becomes a surprisingly delicate, even poignant electronic track. Catchier than you’d expect, maybe even more than you’re comfortable with.
And yet it feels like Spinath, in real life a professor of psychology, slips into the role of a profiler—trying to understand what drives someone like Kemper. Trying to make sense of how a kid raised in a broken home turns into a killer. Because let’s be honest: many people experience trauma, and not all of them go on to murder. So—who’s to blame? Are you responsible? Are we?
Do you feel responsible / Or who would you blame / For distrust and for fear / For all the pain
The questions are there, hanging in the air, unanswered. But that’s how it is with art—especially visual or musical storytelling: it can pose the big questions, but it’s not obligated to hand you tidy answers.
A Focus magazine article once asked of Spinath’s twin research: “Is human personality genetically determined, or shaped by the environment?” That question seems to run through much of his academic life—and it resonates here too. Some people might truly be born with darkness inside them.
Or who would you blame?
As for the music: “Murder” first appeared on the very first Seabound demo—Die Blaue, from 1996. If you own the Seabound Everything box set, you can hear how far the song has come. It’s traveled a long road.
When I asked Frank why this song, of all things, made the leap from demo to full rebirth, his answer was refreshingly simple: he still really liked it, and always wanted to hear it fully produced—with proper bass and all the bells and whistles.
Afterward, the short interlude “Hint” offers a brief moment to breathe. But the calm is deceptive.
“Threat” follows—a fractured, twitchy track laced with broken beats. Suddenly, the danger of people like Kemper feels real again. The narrator, unhinged, declares:
I like them just a little paranoid
(and later,)
I will break your pride
Yeah… that doesn’t exactly put you at ease. It’s like being trapped inside a psychopath’s mind. Much like Kemper himself—Spinath’s lyrics, delivery, and Hecq’s dissonant production shove us right into that disturbed mental space. We’re forced to wear the killer’s lens. There’s no looking away.
But let’s be honest: humans don’t look away.
We often feed our voyeuristic cravings, especially when it comes to others’ pain.
Why else are horror films—where people are ripped apart in ever more gruesome ways—so wildly popular?
Why are we so fascinated by serial killers and violent criminals? Bundy, Manson, Rader, Haarmann… the list is long, and the media devoted to them is even longer.
It’s as if that morbid curiosity is hardwired into us.
“To What I Don’t Know” picks up the pace again—and actually reminds me a bit of Edge of Dawn. Interestingly, the track was originally intended for Ghost & Writer, but never made it onto a release.
That may have been for the best—stylistically, it wouldn’t have fit in with previous G&W material.
This song is filled with crisp, detailed beats softened by warm synth textures, almost like string arrangements buried in the background. The lyrics weave together fragments of the album’s overarching themes, all circling back to the central motif of individual finality.
Tired of breathing, sick and tired of fading away
And just like that, I find myself thinking again of the dying boxer in “Cloud.”
And now—things get really dark, both musically and emotionally.
“No Going Back” slows things down and seems to explore the end of a relationship. But this, too, is a double-edged sword.
Disbelief / Anger and Grief / Pain and Despair / On a fast lane to Nowhere
It almost feels more like the five stages of dying, as outlined by Elisabeth Kübler-Ross in 1969: denial, anger, bargaining, depression, acceptance. Sure, breakups are tough, but when you’ve been with someone a long time, the grieving process can feel very similar to mourning a death.
Which brings us to the final track: “In The Sand.”
Here’s where your traces end
Frank sings in this staggeringly atmospheric closer. Crackling sounds reminiscent of old film reels float across wide-open synthscapes. And then—at the very end—we hear the sound of dirt being shoveled onto a coffin, mixed with steady rain.
It reminds me of the snow crunching footsteps in Björk’s Aurora, but flipped into something haunting and grave. At first distant, the sound grows louder—until it feels like you’re hearing it from inside the coffin.
Suddenly conscious again, and realizing: there’s no escape.
Your traces end here.
Lionhearts is, in many ways, an album of superlatives.
As much as I believe “The Ardent City” to be one of the most beautiful songs ever born from Frank Spinath’s creative mind, I also believe “In The Sand” to be his most chilling. I’ve listened to it countless times while preparing this piece—and still, every time the final tones fade and that last shovelful of earth falls, I have to pause. Let it sink in.
Phew. What a trip.
I’ve followed Frank’s work closely for many years. Seabound has always been the band that speaks to me most—musically and lyrically. No surprise, given the name of this blog. There have been times I’ve felt like he was reading from my diary. (Total nonsense, of course—we barely know each other personally.)
I’ve long expected the occasional album drop from his main projects, or to spot his name on something like Seadrake or Liquid Newt.
And then out of nowhere—he hits us with Lionhearts.
And I’m floored.
This album is so beautifully dark, so layered and rich, I’m still marveling. Sure, there are echoes of his past work—Seabound, Edge of Dawn, and so on—but Lionhearts is full of surprises.
While many tracks are based on old demos, others were written specifically for this album—like “The Ardent City” and “In The Sand”—which only makes the whole thing feel even more complete.
For fans of dark, electronic music who aren’t into fairground techno or overly processed vocals—and who seek intelligent, meaningful lyrics that go beyond cliché—here’s the truth:
2017 can call it a day. Musically, it doesn’t get any better than this.
Frank himself says Lionhearts is his most personal work to date.
Why? Because for the first time in many years, he was fully involved in every part of the process.
Unlike other projects where roles are clearly divided and he rarely touches the music itself, Lionhearts was his way of stepping outside the usual routine.
He told me: watching this album take shape, seeing it grow piece by piece and now finally presenting it to the world—it felt like witnessing the birth and growth of a child. His passion, his dedication, his love for this project—every second, every note is saturated with it. And his collaboration with Hecq? Quite simply the best thing to ever happen to his songs. No disrespect to Frank’s other projects—this is just one of those times where everything aligned perfectly.
So yes: Lionhearts is Frank’s finest work yet.
And without a doubt: my album of the year.
Roman Empire